Das Großwinternheimer Weingut Huster gehört zu den Pionieren in Sachen Biowein in Rheinhessen. Seit 25 Jahren bewirtschaftet Raimund Huster seine Weinberge nach ökologischen...
INGELHEIM. Das Großwinternheimer Weingut Huster gehört zu den Pionieren in Sachen Biowein in Rheinhessen. Seit 25 Jahren bewirtschaftet Raimund Huster seine Weinberge nach ökologischen Kriterien. „1994 haben wir umgestellt“, berichtet der Ökowinzer, der das Weingut heute mit seinem Sohn Tobias führt. Zum täglich Brot des Biowinzers gehört, dass er in Weinberg und Keller strenge Vorgaben zu erfüllen hat. Dazu zählen ein schonender Umgang mit Wasser und Boden und der Verzicht auf Kunstdünger ebenso wie die Förderung der Artenvielfalt oder das Prinzip „Prävention statt Pestizide“. Die Herstellung von Biowein ist damit deutlich zeitaufwendiger und arbeitsintensiver als der konventionelle Anbau. Umso ärgerlicher, wenn diese Arbeit in Misskredit gebracht wird. So geschehen in Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen eine Weinkellerei in Engelstadt. In der Berichterstattung war zum Teil von einem „Bioweinskandal“ die Rede, was nicht nur bei Raimund Huster auf Unverständnis stößt. „Da dies noch immer ein schwebendes Verfahren ist, halte ich vorschnelles Urteilen für nicht angebracht, denke aber, dass man nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen nicht von einem ,Bioweinskandal‘ reden kann.“
Ob sich Bio-Betriebe an die Vorgaben der EU-Bioverordnung halten, wird regelmäßig kontrolliert. Bei der Jahresinspektion werden neben den Anlagen auch sämtliche Aufzeichnungen, Belege und Bücher geprüft. „Die Buchhaltung wird auf den Kopf gestellt“, erklärt Raimund Huster. Denn Einkäufe, Ausgaben und Umsätze müssen plausibel sein. Daneben gibt es unangemeldete Kontrollen nach dem Zufallsprinzip. „Im Grunde muss man jeden Tag mit einer Kontrolle rechnen“, sagt Huster, der das Metier nun schon seit einem Vierteljahrhundert kennt.
„Begonnen hat alles Ende der 1980er Jahre“, blickt Raimund Huster auf die Anfänge zurück. „Ich habe gewisse Dinge hinterfragt.“ Zum Beispiel, ob der Einsatz von Insektiziden wirklich so gehandhabt werden muss wie es bis dato üblich war. Das Credo „Das haben wir schon immer so gemacht“ kam bei Huster auf den Prüfstand. Hinterfragt wurde auch die gängige Vorstellung, dass Weinberge „sauber“ sein müssen – also ohne jede Begrünung. „Man hat es nicht anders gekannt“, sagt Huster. „Und dann kommt da jemand, der alles wachsen lässt.“
Doch ein Kinderspiel war die Umstellung nicht, die Ökowein-Pioniere mussten sich das nötige Know-how hart erarbeiten – und mitunter auch Lehrgeld zahlen. „Ich war ein bisschen blauäugig“, bekennt Raimund Huster mit Blick auf ein besonders trockenes Jahr, in dem seine Reben kaum gewachsen sind, weil das Begrünungsmanagement noch nicht ausgereift war. „Ich weiß gar nicht, wie wir das überlebt haben.“ Doch aus den Fehlern der Vergangenheit hat Huster seine Lehren gezogen: „Das ist mir nur einmal passiert.“
Während die ersten Biowinzer in den 1980er Jahren noch belächelt oder gar als „Spinner“ bezeichnet wurden, hat sich das Blatt längst gewendet. Öko-Weine liegen im Trend, und obwohl in Deutschland nach wie vor nur rund acht Prozent der Rebflächen ökologisch bewirtschaftet werden, gibt es deutlich mehr Betriebe als vor 25 Jahren. Ein Verdienst der Biowein-Pioniere ist aber auch, dass im Weinbau insgesamt ein Umdenken erfolgt ist. Raimund Huster und seine Kollegen haben vorgemacht, dass es auch anders gehen kann.