Das „Jüngste Spitzenorchester Deutschlands“ unter dem...

Nachwuchsstars der Klassik-Welt beim Konzert in der kING. Foto: Thomas Schmidt
© Thomas Schmidt

Melodisch, kraftvoll, spielerisch

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INGELHEIM. Das „Jüngste Spitzenorchester Deutschlands“ hatte in die Ingelheimer Veranstaltungshalle kING geladen: Die Deutsche Streicherphilharmonie setzt sich aus Musikerinnen und Musikern zwischen 11 und 20 Jahren zusammen. Träger ist der Verband Deutscher Musikschulen. Über 900 Musikschulen stehen hinter dem Projekt, das bereits in der DDR seit 1973 als Orchester erfolgreich war und 1991 in die neue gesamtdeutsche Trägerschaft überführt wurde.

Aufnahmeprüfung ist alles andere als einfach

Alle Aspiranten für das Orchester haben eine anspruchsvolle Aufnahmeprüfung zu bestehen, erzählt Dirigent Wolfgang Hentrich. Für diese Erfahrung lohne sich das aber auch. Konzerte und auf Festivals wie etwa in der Kölner Philharmonie, bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern oder bei der Young Euro Classic in Berlin spielen die jungen Musiker. In diesem Jahr sei man sogar im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins zu Gast gewesen. „Viel mehr kann man als klassischer Musiker eigentlich gar nicht erreichen“, so Hentrich.

Da einige aus der älteren Riege das Orchester mittlerweile verlassen hätten, präsentierte sich in Ingelheim die wahrscheinlich jüngste Besetzung des jüngsten Spitzenorchesters Deutschlands.

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Diese eröffnete das Konzert vor fast ausverkauftem Haus mit Wolfgang Amadeus Mozarts Divertimento KV 138. Ein ruhiges, melodisches Stück, das strenggenommen für Streicherquartett komponiert wurde, jedoch in der Regel vom Orchester dargeboten wird. Weiter ging es mit dem bewegten Adagietto aus der 5. Symphonie von Gustav Mahler. Eine lyrische Komposition für Streicher und Harfe, die mit ihrem Wechsel aus kraftvollen und besonnenen Passagen sehr unmittelbar berührt. Bekannt geworden ist das Stück auch durch die Verfilmung der Novelle „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann durch Luchino Visconti.

Vor der Pause rückte dann Harfenistin Sarah Christ in den Mittelpunkt, die sich bereits für das Adagietto zum Orchester gesellt hatte. Die Deux Danses des Impressionisten Claude Debussy sind ganz auf die Harfe als Soloinstrument ausgerichtet. Der gediegene „Danse sacrée“ und der offenbarer tänzerische „Danse profane“ gehen in dieser Komposition unmittelbar ineinander über, besonders der zweite Tanz wirkt spielerisch und scheint an einigen Stellen sogar mit hintersinnigem Witz zu glänzen.

Großer Höhepunkt nach der Pause dann die Komposition „Vivid“ der jungen israelischen Komponistin Shir Ran Yinon. Das, wie der Titel verrät, sehr lebendige, abwechslungsreiche Stück wurde extra für die Deutsche Streicherphilharmonie in Auftrag gegeben. Ein Werk, das das ganze Leben zu greifen sucht, sich durch alle Register und Emotionen bewegt und so das Orchester von all seinen Seiten zeigt. Shir Ran Yinon ist selbst Musikerin und komponiert Werke von klassischer Musik bis Heavy Metal. In Ingelheim war sie im Publikum anwesend.

Den Abschluss des Abends markierte das Konzert für Streichorchester von Grazyna Bacewicz. Bacewicz zählt zu den bedeutendsten polnischen Komponistinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr Konzert habe sich, wie die Veranstalter mitteilten, zu einem neuen Lieblingsstück der Streicherphilharmonie entwickelt.

Und auch beim Publikum kommt die Darbietung offenkundig an. Minutenlanger Applaus zieht mehrere Zugaben nach sich: Nimrod von Edward Elgar und der Sommer aus den Vier Jahreszeiten von Vivaldi werden gegeben, und auch nachdem sich Dirigent Hentrich noch einmal selbst als Soloviolinist feiern lässt, ebben die Beifallsstürme noch lange nicht ab. Ein rundum gelungenes Gastspiel für das „Jüngste Spitzenorchester Deutschlands“ in Ingelheim.