Der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen führt bis Mitte September eine Online-Bedarfserhebung für E-Carsharing in Budenheim durch
BUDENHEIM. Wer an diesem Morgen sein Elektroauto an der Ladesäule mit Strom auftanken möchte, muss auf dem Parkplatz vor der Budenheimer Volksbank eine gewisse Wartezeit in Kauf nehmen. Der Andrang ist groß. Doch für das AZ-Foto findet Irene Alt mit ihrem Smart noch ein Plätzchen. Die frühere Ministerin ist mit dabei, wenn die örtlichen Grünen die Werbetrommel rühren für ihr E-Carsharing-Projekt. Die Online-Bedarfserhebung läuft bis Mitte September.
Immer vollere Straßen und knapper Parkraum
Immer vollere Straßen und immer knapper werdender Parkraum sind Probleme in fast allen deutschen Städten und Gemeinden. Auch in Budenheim, wo es kaum öffentliche Parkplätze in der Ortsmitte gibt. Viele Haushalte haben inzwischen mehr als ein Auto, wobei, statistisch betrachtet, jeder Wagen in Deutschland rund 23 Stunden am Tag ungenutzt herumsteht. Eine gigantische Ressourcen-Verschwendung, sind sich Experten einig.
Für den Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen Anlass genug, ein „Carsharing“-Projekt in Budenheim ins Auge zu fassen. Heißt: Mehrere Nutzer teilen sich ein Auto; der Verzicht auf das eigene Zweitfahrzeug wäre ein erster positiver Schritt.
Die vor wenigen Tagen angelaufene Online-Bedarfserhebung stößt auf großes Interesse. Die Auswertung der Antworten von 21 Carsharing-Interessenten zeigt, dass für die meisten eine Reichweite von 120 Kilometern genug wäre. „Zehn eigene Fahrzeuge würden abgeschafft werden, davon belegen derzeit vier Autos öffentliche Plätze“, berichtet der Mitinitiator Klaus Neuhaus, Fraktionssprecher der Grünen im Gemeinderat. Die Öko-Partei will für ihr Carsharing-Projekt, das bis Mitte September läuft, nicht nur über Facebook kräftig Werbung machen. Auch über die Zeitung, mit einem Flyer und auf dem Flohmarkt am Rheinufer am 8. September. Favorisiert wird die Zusammenarbeit mit einer Genossenschaft; zwei Anbieter (RaBe aus Wackernheim und Urstrom aus Mainz) sind in der engeren Auswahl. Zum Einsatz kommen E-Mobile, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. „Wir brauchen 50 bis 70 Interessenten pro Fahrzeug“, so die Grünen. Je nach Nutzungsgrad variieren die Tarife der beiden Anbieter zwischen 7 und 49 Euro Monatsbeitrag; je Entleihe werden 2,50 Euro bis 5 Euro je Stunde, beziehungsweise 20 bis 36 Euro Tagespreis fällig (weitere Zahlen unter carsharing-budenheim.de). Die Infrastruktur für das kostenlose Betanken der E-Fahrzeuge in Budenheim kann sich sehen lassen. Im Gemeindegebiet stehen drei Ladestationen – und zwar vor der Volksbank (Luisenstraße), am Rathaus (Berliner Straße) und bei den Gemeindewerken (Untere Stefanstraße). Möglicher weiterer Standort ist der Platz der Generationen.
Die Gemeindewerke können sich vorstellen, das Carsharing-Projekt als „Ankermieter“ tatkräftig zu unterstützen, erklärt der Vorstandsvorsitzende Jörg Gräf. Darüber hinaus gebe es in der Gemeinde die Überlegung, einen der beiden Behindertenparkplätze am Rathaus als E-Carsharing-Standort mit der notwendigen Infrastruktur umzubauen, zitiert Gräf aus einem Gespräch mit Bürgermeister Stephan Hinz.
Für Irene Alt ist die Teilnahme der Budenheimer an dem Carsharing-Projekt ein guter E-Mobilitäts-Einstieg. Auf ihren Anfang 2018 gekauften Elektro-Smart möchte sie indes nicht mehr verzichten: „Ich habe fast täglich Termine im Stundentakt im gesamten Landkreis.“ In Mainz und Umgebung kennt sie fast jede E-Tankstelle. Nur in Nieder-Olm hat sie Probleme: „Das ist dort mit dem Telefonieren und App-Runterladen zu kompliziert. Ich bin schon viermal gescheitert.“