Die Villa Eden an der Mainzer Straße hat wieder eine Bestimmung. Hier eröffnet eine WG für Intensivpflegepatienten. Bis zu sechs Patienten werden rund um die Uhr betreut.
BINGEN. Villa mit neuem Innenleben: Eine Wohngemeinschaft für Intensivpflegepatienten hat die Villa Eden bezogen. Offizieller Start ist der 27. Februar. Die AZ traf vorab Bewohner, Vermieter und Betreiber.
Zwischen Kinderarztpraxis, psychiatrischer Tagesklinik und Arbeitsamt liegt ein repräsentatives Haus an der Mainzer Straße. Wohnzimmer mit Flügeltüren, Wintergarten und imposantes Treppenhaus lassen erahnen: Hier wurde beim Bau 1838 nicht gespart und mit Stil renoviert.
Gegründet im Saarland
Seit dem Jahresbeginn bezog die bundesweite Intensivpflegegesellschaft, kurz bigG Vor Ort, Erdgeschoss und ersten Stock. Der Anbieter für ambulante Pflege ist seit fünf Jahren auf dem Markt. Gegründet wurde die Firma mit einer ersten Wohngemeinschaft im Saarland.
„Inzwischen sind wir auch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz präsent“, sagt Sprecher Eugene Korsunsky. Riesig sind die WGs nie. Auch in Bingen werden nur sechs Bewohner eine Hausgemeinschaft bilden. Angehörige von Wachkomapatienten buchen die Zimmer, Menschen an Beatmungsgeräten oder ab dem Hals Querschnittsgelähmte. Am häufigsten seien außerdem amyotrophe Lateralsklerose (ALS) – eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems – , spinale Muskelatrophie (Muskelschwund) oder Tracheotomie-Patienten (Beatmung nach Luftröhrenschnitt) in den insgesamt 13 Wohngemeinschaften der Gesellschaft.
„Die Zahl der Intensivpatienten wächst mit dem demografischen Wandel“, sagt Matthias Bothe, Pflegedirektor der Gesellschaft. Die Anzahl ihrer Mitarbeiter beziffert bigG auf insgesamt über 700, Verwaltung und Pflegekräfte zusammengenommen.
Auch für die Villa Eden klingt der Betreuungsschlüssel üppig: „Wir rechnen mit 20 bis 25 Mitarbeitern bei rund 15 Vollzeitstellen“, so Korsunsky. Interessenten willkommen. Für examinierte Pflegekräfte bietet das Haus Schulungen in außerklinischer Intensivpflege an.
Wie sich die Intensivbetreuung finanziert? „Der Arzt definiert die 24-Stunden-Pflege, so sind die Kosten voll von der Kranken- und Pflegekasse gedeckt“, sagt der Pflegedirektor. Der Bewohner zahlt Raummiete für sein WG-Zimmer, im Fall der Villa Eden rund 700 Euro pro Raum inklusive Nebenkosten.
Mieterversammlung, eigene Möbel, Gemeinschaftsbalkone zu beiden Seiten, exklusives Ambiente und jederzeit offene Tür für Besuch zielen bewusst auf Flair ganz weit weg von Klinikzimmern. Rund-um-die-Uhr-Betreuung bleibt dennoch durch fachkundiges Personal gewährleistet. „Wir werden mit den Bewohnern auch in der Stadt präsent sein, zu Konzerten, an der Promenade, eben mitten im Leben“, so Bothe.
Vermieter der 300 Quadratmeter ist die BZ ImmoGmbH und bipG Vor Ort der Betreiber. Die Villa Eden ist bereits die zweite Wohngemeinschaft für Intensivpflege und Heimbeatmung in Bingen. Die erste mit fünf Einzelzimmern zog im April vergangenen Jahres in das Erdgeschoss des Ärztehauses.
Die Villa Eden ist als Sitz der Sektfirma Graeger ein Begriff. Bis 2008 war Volker Valerius mit seiner Sektmannschaft dort Mieter. Geschichtskundler verbinden mit dem Haus die Weinkellerei Espenschied-Heuss und ab 1965 Reh-Kendermann.
Ewald Wocker baute die ehemalige Kellereihalle zum Sitz der Arbeitsagentur um und zog mit Immobilien-Hartmann selbst in einen Anbau ein. Das Haupthaus der Villa stand seit dem Graeger-Auszug und einigen Mieterwechseln einige Jahre leer.