Von Spuren der Ahnen beeindruckt

Claudia Gropper (3.v.re.) und ihr Ehemann Jay Gayner (2.v.li.) auf den Spuren ihrer Ahnen in Bingen. Foto: Arbeitskreis Jüdisches Bingen
© Arbeitskreis Jüdisches Bingen

Erstmals besucht ein Ehepaar aus Kalifornien in Bingen die Stätten ihrer Vorfahren.

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BINGEN. Mehrere angekündigte Besuche von Nachkommen ehemaliger Binger jüdischer Familien wurden wegen der Pandemie abgesagt. Nun nutzte Claudia Gropper aus Kalifornien mit Ehemann Jay und einem befreundeten Paar eine Europareise, um die Stadt zu besuchen, die für ihre Vorfahren vor der Emigration Heimat war.

Urgroßvater Oskar Meyer, der 1874 in Neuwied geboren wurde, war bis Mitte der 1930er-Jahre Eigentümer des Binger Zweigs der 1887 in Frankreich gegründeten Weinbrennerei Texier in der Gaustraße 23 bis 25. Er war verheiratet mit Rosa Mayer, die aus Ockenheim stammte. Am 6. Oktober 1903 kam Sohn Otto Ernst zur Welt, der später als Prokurist tätig war. In der Ehe mit Margareta Sonder, deren Mutter Lea in zweiter Ehe mit dem Weinhändler Max Fromm verheiratet war, wurde am 12. November 1933 Tochter Ursula geboren, die Mutter von Claudia Gropper.

Unter dem Druck der Arisierung verkaufte Oskar Meyer seine Anteile an dem Unternehmen an Gustav Schneider und zog mit seiner Frau nach Frankfurt, von wo aus das Paar nach Nordamerika emigrierte. Sohn Otto Ernst folgte mit seiner jungen Familie am 1. Dezember 1938. In den USA wurde noch Sohn Thomas geboren, der im vergangenen Jahr den Kontakt zum Arbeitskreis Jüdisches Bingen suchte.

Der Gang durch Bingen führte vorbei am alten Standort der liberalen Synagoge in der Rheinstraße, der kleinen Synagoge der orthodoxen Gemeinde in der Amtstraße, vorbei an Stolpersteinen, die an Binger Opfer der Shoa erinnern, bis zu dem Ort in der Gaustraße, wo das Wohnhaus und die Brennerei der Urgroßeltern standen, die im Bombenhagel zerstört wurden. Ein kurzer Besuch im noch erhaltenen Teil der Synagoge in der Rochusstraße und das imposante Haus in der Mainzer Straße 54 bis 56, das die Fa. Fromm 1929 zusammen mit der Weingroßhandlung Seligmann Simon übernommen hatte, beendeten den Rundgang.

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Eine unerwartete Überraschung für Claudia Gropper war der Besuch des jüdischen Friedhofs mit dem Grab der Ururgroßeltern Simon und Franziska Mayer, der Eltern von Urgroßmutter Rosa Meyer, an deren Bruder Max Mayer ein Stolperstein in der Schloßbergstraße erinnert.

Noch auf dem Heimflug schrieb Gropper, dass der Besuch in Bingen ein ganz besonderer Tag für sie war und dass sie dankbar sei für die vielen Informationen, die sie mit ihrer Mutter und dem Onkel teilen will.