An den Tagen der offenen Gärten können Kleinode besichtigt werden, die man sonst nicht zu sehen bekommt.
BINGEN. Stets im Frühjahr öffnen Menschen in ganz Rheinhessen ihre Gärten der Allgemeinheit. An den Tagen der offenen Gärten (in diesem Jahr am 1. und 2. Juni sowie am 21. und 22. September) können gärtnerische Kleinode besichtigt werden, in die man sonst nicht unbedingt einen Einblick bekommt. Jeder Garten wird, bevor er zur Teilnahme freigegeben wird, von einer Kommission der ausrichtenden Gartenführer Rheinhessen besichtigt.
Dabei können allerdings nicht nur klassische Gartenparadiese Marke „Englischer Garten“ überzeugen. Ganz unterschiedliche Konzepte von „naturbelassen“ bis „Kunstwerk in Grün“ nehmen erfolgreich teil. Und werden für zahlreiche Gäste zu einer interessanten Anlaufstelle und oft auch zu einem Ort für schöne Gespräche mit den Gärtnern: Menschen reisen dafür durch ganz Rheinhessen.
Bereits seit etwa fünf Jahren sind Kerstin und Oliver Biesdorf aus Büdesheim mit dabei. Ihren „rustikalen Bauerngarten“ öffnen sie regelmäßig im Rahmen der Tage der offenen Gärten für Publikumsverkehr. Trockenheitsresistente Kräuter und Blumen sind das Markenzeichen dieses Gartens, Thymian, Lavendel, Oregano und andere Gewürze prägen seinen Duft. Schwere Natursteine grenzen Beete voneinander ab, alte Hölzer und beinah antik anmutende Fundstücke überraschen den Betrachter.
Neu ist in diesem Jahr, wie Kerstin Biesdorf erklärt, der sogenannte Sitzschrank: Ein alter Schrank, den die beiden Gärtner so ausgebaut haben, dass man darin gemütlich sitzen kann. Im Zentrum des Gartens, auf das alle Wege hinführen, steht eine großzügige Spielfläche mit Klettergerüst für den Sohn.
Das sei ein Garten, in dem gelebt werde, sagt Biesdorf, im Sommer ein richtiger Lebensmittelpunkt, und auch andere Kinder kämen gern zum Spielen vorbei. Im trockenen Sommer des vergangenen Jahres habe das Gartenkonzept übrigens seine ganze Stärke ausgespielt: „Die mediterrane Ausrichtung, die ohne Bewässerung auskommt, kam auch gut über diesen ungewöhnlich heißen Sommer“, erzählt Biesdorf. Und demonstrierte dabei einmal mehr: Ein schöner Garten muss nicht unbedingt viel Arbeit machen. „Auch darum geht es uns: Menschen zu animieren, selbst einen Garten anzulegen, was ja auch der heimischen Artenvielfalt und der Natur insgesamt zugutekommt“, sagt Biesdorf. Mit dem richtigen Konzept sei das kein allzu großer Aufwand.
Blütenreiche Oase in der Kurfürstenstraße
Das sieht auch Marcus Quint ähnlich, der seinen Garten zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Wer öfter mal in Bingen spazieren geht, kennt die blütenreiche Oase in der Kurfürstenstraße 11 vielleicht schon: Rosen in leuchtenden Farben dominieren das Bild, im Vorgarten besonders in Gelb, Weiß und Orange, darunter violette Iris. Der hintere Teil des Gartens stellt besonders im Frühling seine Blütenpracht in verschiedenen Pastelltönen zur Schau: Birnen, Äpfel, Kirschen, Pflaumen und anderes Obst geben sich hier ein Stelldichein. Sogar ein Feigenbaum ist dabei. Quint verbringt viel Zeit im Garten, weil er, wie er erzählt, gern mit verschiedenen Pflanzen experimentiert.
Prinzipiell sei aber auch dieses Gartenkonzept viel pflegeleichter, als es aussieht: „Die richtige Pflanze am richtigen Ort, dazwischen ruhig auch Platz für Wildblumen lassen, das gefällt auch den Bienen gut“, umreißt Quint seine Herangehensweise. Dazu Obst und Gemüse, was natürlich auch gleich noch die heimische Küche bereichert. Es blieben durchaus öfter mal Menschen stehen und bewunderten die Blütenpracht, erzählt Quint, Gespräche über den Gartenzaun kämen häufiger zustande.
Die Biesdorfs freuen sich, dass sich mit der Familie Quint nun ein weiterer Binger Garten angeschlossen hat. Beiden Familien gemein ist, dass sie die Freude an der Gartenarbeit, aber auch den Nutzen eines Gartens, nicht zuletzt für das Ökosystem, stärker in den Blick richten möchten: „Wunderbar wäre, wenn der eine oder andere Gast die Überzeugung gewänne, dass ‚pflegeleicht‘, ‚naturnah‘ und ‚schön‘ keine Gegensätze sein müssen.“