Auf der Suche nach einer Mehrweglösung

Mehrweg gegen Einweg: Die Stadt tüftelt an einem System. Archivfoto: dpa

Die Stadtverwaltung brütet zusammen mit Handel und Gastronomie über der Frage, wie die Flut von Einwegbechern eingedämmt werden kann. Vorschläge gibt es auch von der...

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BINGEN. Bei allem Gezeter und Gezerre gibt es im politischen Bingen doch auch nicht wenige Themen, die mit großem Einvernehmen und in ebenso großer Geduld beackert werden. Hierzu zählt beispielsweise die „Etablierung eines regionalen Mehrwegbechersystems“. Im Hintergrund des parlamentarischen Betriebs zieht der einstige Antrag von CDU und Grünen seine Kreise, nachdem er im Dezember 2017 das Licht der Welt erblickt hatte. Die städtischen Gremien werden auf dem Laufenden gehalten, wie jetzt gerade der Umweltausschuss, wie nämlich die Verwaltung mit dem Hämmerchen Monat für Monat den Wesenskern der Angelegenheit freilegt.

Zwei mögliche Wege auf Landesebene

Zielsetzung war zunächst, an einem Runden Tisch alle denkbaren Beteiligten zusammen zu bringen. Das klingt immer gut und scheint nun auch zumindest formal, mit inhaltlich offenem Ergebnis etwas zu werden. Am 26. September soll sich die Runde am Tisch treffen (ob er tatsächlich rund ist, wurde nicht kommuniziert). Jedenfalls hatten eine Einladung die Werbegemeinschaft, Büdesheim aktiv, Bingen Unternehmen Zukunft (BUZ), die Technische Hochschule, die Binger Gastronomiebetriebe, die Ortsgruppe des BUND, ebenso der NABU und die Klimaschutzbeauftragte der Stadt im Briefkasten. Ob die Einladung freudig angenommen wird, muss sich zeigen. Dafür muss der Kreis prinzipiell erst einmal nicht im Nebel herumstochern, wie das bei Runden Tischen oft der Fall ist. Das Umweltministerium ist nämlich zwischenzeitlich in Vorlage gegangen und hat sich des Themas für ganz Rheinland-Pfalz angenommen.

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Und was hat das Umweltministerium gemacht? Es hat seinerseits zu einem Runden Tisch eingeladen. Dort wurden die ministeriellen Gedankengänge vorgestellt und die Gedankenblitze der mutmaßlich Beteiligten – unter anderem Vertreter der Umweltabteilung der Stadtverwaltung Bingen – entgegengenommen. Dabei sind dann erste strukturelle Konturen eines regionalen Mehrwegbechersystems sichtbar geworden, die wiederum dem Binger Runden Tisch für seine weiterführenden Überlegungen hilfreiche Impulse geben könnten.

Demnach liebäugelt die Landesregierung in Mainz derzeit mit zwei Systemen, um Dämme gegen die Flut von Einwegbechern zu errichten. Zum einen geht es um die Einführung des sogenannten „Becher-Bonus“. Hessen hat es vorgemacht. Der Handel und die Gastronomie bieten bei der Benutzung eines wiederverwendbaren Bechers durch den Verbraucher Rabatte an, unabhängig von einem Mehrweg-Becher-System. Wer also seinen Kaffeepott an der Theke hinhält, bekommt den „Coffee to go“ 20 Cent billiger, beispielsweise. Das ist sozusagen die personengebundene Lösung, damit es nicht wie bei den Sieben Zwergen heißen kann: „Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?“

Es ist aber auch eher ein Kompromiss zwischen bestehendem Einweg- und erwünschtem Mehrweg-System. Die radikale Lösung hingegen ist zum Zweiten die Einführung eines Mehrwegbecher-Systems auf der Grundlage einer Pfandberechnung. Das ist ja beispielsweise den Verbrauchern bereits von diversen Festveranstaltungen vertraut, bei denen ein Weinglas gegen Pfand ausgegeben und bei Auszahlung des Pfandes auch wieder zurückgenommen wird.

Der Runde Tisch der Landesregierung hat Anfang September zum zweiten Mal getagt. Und nun ist eben der Runde Tisch in Bingen am 26. September gefordert. Fest steht schon jetzt: Egal welche Lösung, egal welches System: Von einem Erfolg wird nur gesprochen werden können, wenn die Beteiligung hoch und flächendeckend ist.

Von Erich Michael Lang