Ärzte aus dem Heilig-Geist-Hospital in Bingen brechen zu...

Bingen lokales Koffer gepackt. Dr. Ruth Alamuti-Ahlers (Fachärztin für plastische Chirurgie), Dr. Alexander Rieger (Facharzt für Anästhesie)   Foto:

Die Koffer gepackt, die Crew durchgeimpft und am Montag ging dann für Dr. Ruth Alamuti-Ahlers und Dr. Alexander Rieger der Flieger. Das Ziel: Burkina Faso. Nein, selbst für...

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BINGEN. Die Koffer gepackt, die Crew durchgeimpft und am Montag ging dann für Dr. Ruth Alamuti-Ahlers und Dr. Alexander Rieger der Flieger. Das Ziel: Burkina Faso. Nein, selbst für Fastnachtsflüchter kein klassisches Reiseziel. Die plastische Chirurgin und der Anästhesist aus dem Heilig-Geist-Hospital spenden Urlaub und Wissen für einen Hilfseinsatz in Afrika.

Bingen lokales Koffer gepackt. Dr. Ruth Alamuti-Ahlers (Fachärztin für plastische Chirurgie), Dr. Alexander Rieger (Facharzt für Anästhesie)   Foto:
Ruth Alamuti-Ahlers (Fachärztin für plastische Chirurgie) und Alexander Rieger (Facharzt für Anästhesie) haben ihre Koffer gepackt und sind bereit für Burkina Faso.Foto: Christine Tscherner  Foto: Christine Tscherner

„Beim Tag der offenen Tür hat mich der Vortrag der Kollegin total beeindruckt“, sagt Rieger. Ruth Alamuti-Ahlers setzt sich seit vielen Jahren für Interplast und kostenlose rekonstruktive Operationen in bitterarmen Ländern ein. Der Begründer der Initiative, André Borsche aus Bad Kreuznach, war ihr Lehrmeister – im Fachgebiet und für ehrenamtliche Hilfe. „Seit sechs Jahren wird Burkina Faso mein erster Auslandseinsatz nach langer Pause“, sagt Alamuti-Ahlers. Bis zu dreimal im Jahr war sie früher für Interplast unterwegs. Auch reisten ihre beiden kleinen Kinder und ihr Mann anfangs noch mit. „Diesmal bleiben sie erstmals daheim.“ Ein Grund neben der Schule für die Solo-Tour: Erstmals steht für die plastische Chirurgin ein OP-Progamm in einem Gebiet mit der aggressivsten Malaria-Form auf dem Plan.

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Akribische Recherche gehört zur Vorbereitung

Die Liste der Impfungen für die Helfer ist deshalb so lang wie nie, reicht von Gelbfieber bis zur Cholera-Schluckimpfung. „Außerdem ist die Zahl der HIV-Infizierten im Land hoch“, hat sich Alexander Rieger schlaugemacht. Analphabetismus und 70 Stammessprachen werden die Kommunikation mit den Patienten nicht erleichtern.

Akribische Recherche gehört zu Riegers Vorbereitung. Für ihn ist der Interplast-Einsatz Neuland. Als der geplante Anästhesist der Tour ausfiel, sprach ihn Alamuti-Ahlers an. „Mein Familienrat zeigte mit drei Daumen nach oben“, sagt Rieger. Frau und zwei Kinder kennen seine Entdeckungsfreude. Drei Monate Forschungsstation am Südpol hat er bereits absolviert. Zehn Tage in Burkina Faso wirken dagegen wie ein Kurztrip.

Das insgesamt fünfköpfige Team brach am Montag nach Westafrika auf. Über Brüssel werden Ärzte und Schwestern ins ehemalige Obervolta reisen. Den OP-Plan haben sie bereits seit ein paar Tagen vorliegen. 51 Patienten stehen darauf, die jüngsten drei Monate alt, der älteste 70 Jahre. Auf Französisch ist eine kurze Diagnose der Pfleger vor Ort angefügt.

Was die Binger Ärzte erwartet? Riesige Kröpfe am Hals, zusammengewachsene Finger, Bauchwandbrüche, wulstiges Narbengewebe und immer wieder schlecht verheilte Folgen von Verbrühungen oder Verbrennungen. „Ein Allgemeinchirurg gehört zum Team“, weiß Alamuti-Ahlers. Auch werden sie diesmal auf den Luxus eines recht gut ausgestatteten Krankenhauses zurückgreifen können. „Der Kontakt dorthin kam über einen Freiburger Chefarzt und seinen Verein zustande“, erklärt Ruth Alamuti-Ahlers. Bei einem Interplast-Treffen im Breisgau wurde sie auf den Burkina Faso-Einsatz des Vereins „Operieren in Afrika“ angesprochen. Helferkreise kennen sich.

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Ein Riesenkoffer mit Kompressen und Verbandsmaterial, mit extra feinen Fäden und OP-Lupenbrille ist gepackt. Gegen Stromausfälle haben sich die beiden Binger Mediziner mit Stirnlampen gewappnet.

Rieger und Alamuti-Ahlers investieren Urlaubstage für ihre afrikanischen Patienten. Fastnacht verpassen? „Ich bin sowieso kein großer Fan und würde flüchten“, räumt die plastische Chirurgin ein. Was beide antreibt? Das Hilfsangebot in Zonen der Welt, in denen der nächste Arzt eine Tagesreise entfernt wäre.

„In Deutschland gehört eine zweite Arztmeinung zum guten Ton“, vergleicht die Chirurgin, die im Alltag meist Brüste vergrößert oder Schlupflider hebt. „Du kommst immer geerdet an deinen Arbeitsplatz zurück“, weiß sie aus Erfahrung.

Sich mit dem Kollegen aber über schwierige Entscheidungen vor Ort austauschen können, das helfe enorm. „Oft ist die Frage, wen wir nicht operieren, die größte Belastung“, sagt sie. Zwar arbeiten die ehrenamtlichen Ärzteteams unentgeltlich, dennoch entstehen für den Einsatz hohe Kosten.