Die Grimme-Preisträgerin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim gibt Doktorandinnen der Universität Gießen Nachhilfe in Sachen Wissenschafts-Präsentation auf YouTube und anderen Kanälen.
GIESSEN. Gerade erst wurde Dr. Mai Thi Nguyen-Kim für ihren YouTube-Kanal mit dem "Online Award" des renommierten Grimme-Instituts ausgezeichnet. Auf "maiLab" prüft die promovierte Chemikerin und Moderatorin des WDR-Wissensmagazins "Quarks" gesellschaftlich relevante Themen unterhaltsam auf ihren wissenschaftlichen Gehalt. Die leichtfüßige Art, in der Nguyen-Kim Wissenschaftsfakten einem breiten Publikum näherbringt, sicherte ihr nicht nur den Jury-, sondern auch den Publikumspreis. An der Justus-Liebig-Universität (JLU) konnten nun auch Doktorandinnen des Sonderforschungsbereichs der Experimentellen Unfallchirurgie von den Kommunikationskünsten der Chemikerin profitieren. Mai Thi Nguyen-Kim trat dort in Kooperation mit dem Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) als Dozentin bei einem zweitägigen Workshop auf. Im Rahmen der Nachwuchs-Frauenförderung gab die Kommunikationsexpertin Tipps, wie sich komplizierte Forschung mithilfe von Sozialen Medien laienkompatibel verpacken lässt.
Unfallchirurgie
Rund 95 000 Abonnenten sind von "maiLab", einer Kooperation mit "Funk" - dem "jungen" Onlineangebot von ARD und ZDF - überzeugt. Abseits vom Forschungslabor präsentiert Nguyen-Kim hier einmal wöchentlich wissenschaftsbasierte Faktenchecks auf viel gehörte Fragen. Die Doktorandinnen der Experimentellen Unfallchirurgie haben es mitunter schwer, Laien den komplexen Inhalt ihrer Wissenschaft zu vermitteln. Im Mittelpunkt des von Prof. Christian Heiß (Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Gießener Uniklinikum, UKGM) geleiteten Sonderforschungsbereiches stehen Knochenveränderungen durch Osteoporose und Alternativlösungen, mit denen die brüchigen Knochen etwa bei Frakturen behandelt werden können. Biologen, Chemiker und Bioinformatiker erforschen hierfür die Wirkung von Knochenzementen, Hydrogelen oder auch mittels 3D-Drucker angefertigten Knochen. Der Workshop soll Nachwuchswissenschaftlerinnen dazu anregen, ihre Forschungsergebnisse allgemeinverständlich in die Öffentlichkeit zu tragen", erklärt Dr. Sylvie Drahorad, Projektkoordinatorin des Sonderforschungsbereiches. Medien spielten dabei eine immer größere Rolle. "Es liegt auch in der Verantwortung der Wissenschaftler, etwas zurückzugeben, was verständlich ist", ergänzt Nguyen-Kim und verdeutlicht ihren Standpunkt: "Forschung ist nicht 'Nerd-Wissen', sondern gesellschaftlich relevant." Die promovierte Chemikerin hat sich deswegen zum Ziel gesetzt, Wissenschaft an die Gesamtgesellschaft zu adressieren, "in Zeiten, in denen 'Fake News' in aller Munde sind".
Die Kommunikationsexpertin sieht in den Sozialen Medien große Vorteile, "eine Sprache zu finden, um damit außerhalb des Labors zu kommunizieren". Oft höre sie den Einwand, es sei eben nicht jeder ein Kommunikationstalent. "Man kann aber anhand gewisser Bausteine und Leitfäden erfolgreiche Kommunikation lernen", versichert die Dozentin.
Fünf Bausteine
Für einen ansprechenden Vortrag sieht die NaWik-Kommunikationsstrategie fünf Bausteine vor: Das benutzte Medium, Stil, Zielgruppe und Ziel sind ineinander verkeilt und halten das Referat zusammen. Das Thema, das vermittelt werden soll, bildet als wichtigstes Bauteil den Stamm. Es sei außerdem wichtig, konkrete Beispiele zu nennen, sich auf Augenhöhe zu begegnen und authentisch zu sein. Je nach Medium lässt sich eine große Reichweite aufbauen.
Die YouTuberin ist überzeugt, dass sich über die Videoplattform ein enges Publikum genauso ansprechen lässt wie die breite Masse. Damit ein YouTube-Kanal aber wirklich funktioniert, muss viel Zeit investiert werden. "Eine Strategie ist wichtig: Wen will ich erreichen und wie unterhalten?", so die Expertin. Beiträge müssten regelmäßig gepostet werden und die Nutzer darüber hinaus auch mit anderen interagieren. Mai Thi Nguyen-Kim, die selbst während ihrer Dissertation begonnen hat, Videos zu drehen, gibt noch einen Tipp für Nachwuchs-YouTuber: "Man sollte auf keinen Fall jemanden nachahmen. Die Leute merken, wenn man nur Show macht. Sei einfach so, wie du bist."
Von Jasmin Mosel