Anti-Atom-Initiativen drängen auf besseres Sicherheitskonzept und mehr Mitsprache.
KREIS BERGSTRASSE. „Mit Stand Dezember 2019 stehen 102 Castoren mit hochradioaktivem Atommüll im Standortzwischenlager Biblis.“ Dies teilen die Bergsträßer Anti-Atom-Initiativen „Atomerbe Biblis“ und „AK.W.Ende“ mit und weisen darauf hin, dass mit dem durch die Corona-Pandemie vorläufig ausgesetzten Transport aus Sellafield weitere sechs Castoren hinzukommen werden.
Das zentrale Problem ist die Zwischenlagerung über einen langen Zeitraum, erläutern die beiden Sprecher der Initiativen, Volker Ahlers (Heppenheim) und Rainer Scheffler (Lautertal): „Inzwischen ist auch bei der zuständigen Bundesbehörde für Entsorgungssicherheit und der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung Konsens, dass die auf 40 Jahre befristete Genehmigung der Lager nicht ausreichen wird.“ Für Biblis gilt die Genehmigung den Angaben zufolge bis 2046. Da auch die Betriebsdauer für Castoren auf 40 Jahre begrenzt sei, müsse das neue Sicherheitskonzept die Öffnung und Nachuntersuchung zumindest einzelner Castoren nach längerer Lagerung in sogenannten heißen Zellen (abgeschirmten dichten Gehäusen) vorsehen.
Schließlich seien die Castoren die Hauptbarriere gegen den möglichen Austritt von Radioaktivität und müssen am Ende der Zwischenlagerzeit noch transportfähig sein. Mit dem derzeitigen Rückbau des Atomkraftwerks Biblis wird auch die Möglichkeit, die Castoren zu öffnen oder die Brennelemente umzuladen, beseitigt. Eine heiße Zelle steht dann nicht mehr zur Verfügung, heißt es. Bisher würden sich der Betreiber und die zuständige Behörde hierzu in Schweigen hüllen.
Die Anti-Atom-Initiativen haben eine andere Vorstellung über das „Alterungsmanagement“ und drängen auf einen breiten öffentlichen Dialog, an dem auch die Bevölkerung zu beteiligen sei. Dazu gehöre tatsächliche Mitbestimmung der Betroffenen. Anders als beim Informationsforum zum Akw-Rückbau in Biblis gehe es um mehr als Konsultationen.
Für die Anti-Atom-Initiativen ist zudem „ein deutlich robusterer Neubau der Lagerhalle für hochradioaktiven Atommüll in Biblis erforderlich. Zwar wurden nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 „Härtungsmaßnahmen“ gegen Eingriffe von außen durchgeführt, Schutz gegen moderne panzerbrechende Waffen oder Flugzeugabstürze bieten sie jedoch nicht.“
Die beiden Sprecher der Initiativen sind sich zudem einig, dass ein möglichst hohes Sicherheitsniveau bei verlängerter Zwischenlagerung nicht mit der Behauptung verhindert werden darf, die zeitliche Lücke zwischen Ablauf der Genehmigungen und Einlagerung in ein (noch nicht vorhandenes) Endlager sei so kurz, dass die bestehende Infrastruktur ausreichend sei. „Vor Ende dieses Jahrhunderts werde kein tiefengeologisches Endlager zur Verfügung stehen.“