Grünes Gedächtnis: Rosemarie Sauermilch beeindruckt Bad...

Bis nach Moskau hat sie die grüne Politik vertreten: Rosemarie Sauermilch übergibt der Partei ihr Archiv.Foto: Bartels  Foto: Bartels
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86 Jahre alt ist sie und schleppt drei dicke Ordner zur Kreismitgliederversammlung der Grünen – Dokumente ihres politischen Lebens. Rosemarie Sauermilch ist 1986 Mitglied...

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WALDBÖCKELHEIM. 86 Jahre alt ist sie und schleppt drei dicke Ordner zur Kreismitgliederversammlung der Grünen – Dokumente ihres politischen Lebens. Rosemarie Sauermilch ist 1986 Mitglied der Bad Kreuznacher Grünen geworden, nachdem sie schon in der Friedensbewegung engagiert war. Die drei Ordner und viele Dokumente, die noch bei ihr zuhause lagern, will sie dem Kreisverband übergeben – sozusagen als „grünes Gedächtnis“. Dabei ging beim Parteieintritt eigentlich alles schief, wie Rosemarie Sauermilch erzählt.

Als die Kreuznacher noch Weltpolitik machten

Im dunklen Gang des Versammlungslokals stolperte sie und brach sich den Finger: „Das war mein Einstand bei den Grünen.“ Engagiert hat sie sich vor allem im Kampf gegen die Chemiewaffen der US-Streitkräfte, die damals noch im Pfälzer Wald lagerten. Sie beteiligte sich an Blockaden, wurde vom Amtsgericht Kaiserslautern sogar zu einer Geldstrafe von zehn Tagessatzen wegen Nötigung verurteilt, aber Jahre später dank einer Initiative des damaligen Justizministers Peter Caesar, wie viele andere Friedensleute, amnestiert. All das erzählt Rosemarie Sauermilch mit einer Lebendigkeit und geistigen Frische, die die viel jüngeren Mitglieder im Raum zum Staunen bringt.

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Damals hätten die Kreuznacher Grünen noch Weltpolitik gemacht, schmunzelt sie: „Dank meiner Bahn-Seniorenkarte konnte ich dauernd unterwegs sein.“ Ihre Aktivitäten gegen die C-Waffen haben sie zu großen Konferenzen nach Moskau und Bar-le-Duc in Frankreich geführt, Briefwechsel mit US- und rheinland-pfälzischen Präsidenten sind im Ordner abgeheftet. Und sie fragt in die Runde: „Wisst Ihr, was der schönste Ausblick ist auf der Zugstrecke zwischen Paris und Moskau?“ Die jüngeren Grünen rätseln. Ihre Antwort: „Der Blick auf Bad Münster unter dem Rheingrafenstein.“

Schnell sind sich die Grünen einig: Die Unterlagen von Rosemarie Sauermilch sollen archiviert werden. Dokumente von anderen Grünen aus der Kreistags- und Gemeinderatspolitik sollen hinzukommen. Annette Esser schlägt vor, ein längeres Gespräch mit Rosemarie Sauermilch aufzuzeichnen, zu verschriftlichen und zu dokumentieren, damit ihre Lebenserfahrungen nicht in Vergessenheit geraten. Zunächst muss aber erst einmal ein Raum gefunden werden, in dem all die historischen Unterlagen aufbewahrt werden können.

Weitere Themen des Abends in der Gaststätte Hehner-Kiltz waren die geplante Fusion der Verbandsgemeinden Meisenheim und Bad Sobernheim sowie die Kreispolitik. Die Grünen seien für die Fusion, betonten die Vertreter der dortigen Ortsverbände, zumal das Land Fusionen, die Kreisgrenzen überschreiten, beispielsweise mit Obermoschel, ablehne. Ein nächster Schritt der Grünen werde die Bildung eines neuen, gemeinsamen Ortsverbandes für Meisenheim und Bad Sobernheim sein.

Für die Politik im Kreis zog Kreistagsmitglied Ludger Nuphaus eine positive Bilanz. Die kommunalisierte Müllabfuhr sei auf einem guten Weg. Die massive Kritik, die es an der Naheland-Touristik (NLT) gebe, könnten die Grünen nicht nachvollziehen. Nuphaus: „Wir haben mit der Naheland-Touristik gesprochen. Natürlich kann die Arbeit hier oder da verbessert werden, aber Diskussionen wie in der Stadt Bad Kreuznach verstehe ich nicht.“ Die Stadt Bad Kreuznach hatte angekündigt, aus der NLT auszutreten und sich in Richtung Rheinhessen zu orientieren. Dazu Annette Esser, ebenfalls Kreistagsmitglied der Grünen: „Das Kirchturmdenken der Bad Kreuznacher ist dumm.“