Alles über Kräuter und Gewürze in einem Buch

Durch und durch ein Praktiker: Lothar Bendel aus Roxheim schreibt nicht nur über Küchenkräuter, er zieht sie auch im eigenen Garten heran. Foto: Wolfgang Bartels
© Wolfgang Bartels

Früher war der in Roxheim lebende Lothar Brendel ein Koch in Spitzenrestaurants. Aus seinen Erfahrungen entstand ein Buch über Kräuter und Gewürze.

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ROXHEIM. „Mein Gemüsehändler hat gesagt: Lass die Finger davon. Sonst wirst du wahnsinnig dabei.“ Lothar Bendel (70) aber konnte die Finger nicht von der Tastatur lassen. Im Gegenteil: Er fühlte sich eher angespornt. Herausgekommen ist das elfte Buch des Kochs im Ruhestand, nämlich „Das große Lexikon – Kräuter und Gewürze“. Was seinen Bekannten zur Vorsicht raten ließ, war genau die Herausforderung, die Bendel annehmen wollte: nämlich Ordnung in einen schier unüberschaubaren Geschmackskosmos zu bringen. „Seit der Lehrzeit habe ich alles gesammelt und aufgeschrieben, was mir über den Weg lief. Pläne zum Bücherschreiben hatte ich anfangs gar nicht. Ich wusste ja auch nicht, ob ich das überhaupt kann als Koch. Doch dann hat es irgendwie geklappt.“

Reichlich als Kochmeister Erfahrung gesammelt hat Bendel bei Spitzenadressen wie dem Hilton in Amsterdam, dem Königshof in Bonn oder einem Spezialitätenrestaurant in Zürich. Im Ruhestand ist er nach Roxheim zurückgekehrt und widmet sich nun dem Schreiben. Die Idee, einmal Büchern zu verfassen, kam ihm schon in der Berufsschule: „Ich war einfach nicht zufrieden mit den trockenen Lehrbüchern. Da dachte ich mir: Das machst du eines Tages besser.“ Jetzt, nach mehr als vier Jahrzehnten in führenden Häusern, kann Bendel aus der Fülle seiner Erfahrungen schöpfen und sein Wissen weitergeben: „Ich schreibe alles selbst. Es soll ja Köche geben, die lieber schreiben lassen“, meint der tippende Küchenchef mit einem Augenzwinkern.

Sein Kräuterlexikon ist durchweg ein Buch der Rekorde. Es enthält allein 5000 Synonyme zum Nachschlagen, also unterschiedliche Namen für dasselbe Gewürz. Das Schlagwortverzeichnis umfasst 42 Seiten. Der Aufbau folgt immer demselben Prinzip, wie am Beispiel des Kümmels gezeigt sei. Zuerst kommen die Synonyme in allen möglichen Sprachen, insgesamt 58 – wie zum Beispiel Chümi auf Schweizerisch oder Kimmich auf Hessisch. Dem folgen Informationen über die Herkunft des Gewürzes, das Aussehen der Pflanze, Geschmack und Geruch, die Hauptinhaltsstoffe und schließlich die Verwendung und Zubereitung mit Tipps zur Lagerung. Zum Abschluss geht der Autor auch noch auf die volksmedizinische Bedeutung des jeweiligen Krauts ein. Unschlagbar sind allerdings praktische Tipps wie dieser: „Wenn man Möbelfüße oder Hausschuhe mit Nelkenöl einreibt, verlieren Hunde schnell die Lust, daran herumzuknabbern.“ Dazu gibt es herausragend fotografierte Bilder all dieser Pflanzen und Gewürze. Das Buch enthält auch Kräuter, von denen die meisten Leser wohl noch nie etwas gehört haben. Zum Beispiel Kalmus, dessen leicht bittere Blüte sich für außerordentliche Salatkompositionen nutzen lässt. Und sollte sich jemand von den angegebenen Inhaltsstoffen wie Cholin, Eugenol und Tannin abgeschreckt fühlen, kann er hinten im Buch nachschlagen und sich davon überzeugen, dass sie harmlos sind. In den geringen Mengen, in denen sie in den Kräutern vorkommen, sorgen sie für interessante Geschmackserlebnisse und sind gesund dazu. Ab und zu muss der Koch allerdings auch warnen. Zum Beispiel beim Nadelkerbel, einem Kraut, das in den Weinbergen gedeiht. Bendels Tipp lautet: „Vorsicht. Es besteht Verwechslungsgefahr mit dem fast identisch aussehenden, äußerst giftigen Schierling.“ Mit einem Schierlingsbecher soll schließlich der griechische Dichter Aristoteles hingerichtet worden sein. Da bleibt Lothar Bendel doch lieber bei seinen Kochtöpfen.

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Zum Kochen kommt der schreibende Meister inzwischen nur noch gelegentlich: „Natürlich immer, wenn wir Besuch haben. Dann lasse ich mir jedes Mal etwas Besonderes einfallen.“ Und immer beherzigt er auch das, was ihn seine jahrzehntelange Erfahrung gelehrt hat: „Nie zu viele Gewürze an ein Gericht. Der Eigengeschmack darf schließlich nicht übertönt werden. Ente muss nach Ente schmecken – und nicht nach Ingwer oder Rosmarin.“ Sein nächstes Buch ist übrigens schon so gut wie produktionsreif. Es wird heißen: „Das große Lexikon der Früchte und Gemüse“.