Der Waldlaubersheimer Wolfgang Theil und sein Mammutbaum

Mit ihm ging es vor 34 Jahren los: Der Mammutbaum in Wolfgang Theils Garten ist mittlerweile 15 Meter hoch. Foto: Marcel Fennel
© Marcel Fennel

22 selbst gepflanzte Mammutbäume in seiner Gemeinde zeugen von der Faszination des 81-Jährigen für diese Riesen.

Anzeige

WALDLAUBERSHEIM. Ganz hinten links in der Ecke hat er seinen Platz in Wolfgang Theils Garten in Waldlaubersheim gefunden. Umrahmt von Pflanzenringen und einem kleinen Gartenhäuschen thront er dort vor dem angrenzenden Feld, auf dem gerade ein Hund seinen Spieltrieb auslebt. Als der Hund plötzlich Kurs Richtung Wolfgang Theils Garten nimmt und bellend vor dem Zaun haltmacht, wird einem noch einmal eindrucksvoll vor Augen geführt, welch gigantische Ausmaße er doch hat, dieser Mammutbaum, den sein Besitzer vor 34 Jahren gepflanzt hat und der mittlerweile die Dachkanten der umliegenden Häuser höhentechnisch überragt.

Mit ihm ging es vor 34 Jahren los: Der Mammutbaum in Wolfgang Theils Garten ist mittlerweile 15 Meter hoch. Foto: Marcel Fennel
Wolfgang Theil findet unter den mächtigen Ästen dieses beeindruckenden Baumes problemlos sicheren Unterschlupf. Foto: Marcel Fennel

15 Meter dürfte er mittlerweile hoch sein, schätzt Wolfgang Theil, während er mit einem Spaten eines der Beete umgräbt, die einige Meter vom Baum entfernt liegen. Nach nur zwei Spatenstichen hat der 81-Jährige sein Ziel erreicht. „Das hier ist das Wurzelwerk“, erklärt Theil und verdeutlicht damit, wie wenig tief, aber vor allem wie weit sich die Wurzeln des Sequoiadendron giganteum, so der vollständige lateinische Name des Baumes, unterirdisch ausbreiten. Gerade ältere Bäume besitzen ein Wurzelwerk, das häufig nicht mehr als einen Meter in die Tiefe reicht, sich jedoch bis zu 30 Metern seitwärts ausbreiten kann. „Faszinierend“, findet Thiel die daraus resultierende Standfestigkeit, die den Mammutbaum zusammen mit seiner sehr windschlüpfrigen Krone resistent gegen Stürme macht.

Beeindruckende Größe, standfest und langlebig

Anzeige

Dieser Fakt ist allerdings nicht der einzige, der den Baum zu einer imposanten Erscheinung in der Pflanzenwelt macht. Neben seiner Standfestigkeit und seiner beeindruckenden Höhe – das größte, lebende Exemplar ist der „General Sherman Tree“ im Sequoia-Nationalpark (USA) mit 83,79 Metern und einem Stammumfang von 31,27 Metern – ist der Mammutbaum auch für seine Langlebigkeit bekannt. „In den USA ist er ein Symbol dafür. Ich meine, sogar Altersheime werden dort so bezeichnet“, erklärt Wolfgang Theil. Über 2500 Jahre alt können diese Riesen werden. Die ältesten Exemplare in Deutschland stammen aus den 1850er und 1860er Jahren, als der Trend, Mammutbäume zu pflanzen, über England langsam nach Kontinentaleuropa schwappte.

Theils Faszination für diese Bäume wurde durch einen ehemaligen Arbeitskollegen aus Weiler geweckt. „Sein Vater hatte zwei wunderschöne Sequoien in seinem Garten stehen“, erinnert sich der gelernte Werkzeugmacher. Nachdem er mit dem Kollegen immer mehr ins Gespräch gekommen war und ihn vor allem das rasche Wachstum des Baumes sowie seine außergewöhnlichen Eigenschaften beeindruckten, war Theils Interesse endgültig geweckt. In der Baumschule in Ellern kaufte er sich zwei Setzlinge, von denen er einen in seinem Garten und den anderen nahe der Ackva Mühle in Waldlaubersheim einpflanzte. Der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde, Rainer Schmitt, wurde auf Theils Leidenschaft aufmerksam und teilte ihm mit, dass er damit nicht allein in Deutschland sei. Der 81-Jährige machte sich schlau und stieß auf den Verein „Projekt Mammutbaum“, in dem er sich nun schon seit 2009 engagiert. Der Verein hat sich dem Schutz der Bäume verschrieben und macht sich für die „Förderung artgerechter Neuanpflanzungen zum Wohle der Allgemeinheit“ stark.

Ein Ziel, mit dem sich auch Wolfgang Theil zu 100 Prozent identifizieren kann. Für ihn bringt der Mammutbaum so viele gewinnbringende Eigenschaften mit, dass er auch in Städten – beispielsweise in Form einer parkähnlichen Siedlung – nachhaltig für positive Effekte sorgen würde. Dafür sprechen zum einen die bereits erwähnten Punkte „Standfestigkeit“ und „Langlebigkeit“, zum anderen – und das ist in Zeiten von zu hohen CO2-Werten in deutschen Städten durchaus interessant – verfügen Mammutbäume durch ihre große Oberfläche über eine bessere Filterfunktion als Laubbäume. Dadurch kann Feinstaub besonders gut aus der Luft gefiltert werden. Da der Baum das ganze Jahr über grünt, produziert er auch im Winter Sauerstoff. „Außerdem macht er sehr wenig Dreck“, weiß Theil aus eigener Erfahrung.

Trotz der für ihn schlagenden Argumente hat Theil festgestellt, dass längst nicht alle der Idee, Mammutbäume in der Stadt anzupflanzen, positiv gegenüberstehen. Sogar von Mitgliedern des Projekts Mammutbaum schlägt ihm große Skepsis entgegen. „Diese Bäume gehören nicht in die Stadt!“, hat er dort nicht nur ein Mal zu hören bekommen. Theil erinnert sich auch an eine Stadtratssitzung, in der die Pflanzung von Mammutbäumen mit den Worten, „Exoten wollen wir nicht verbreiten”, abgetan wurde. Ideologie sei das, ist der 81-Jährige überzeugt.

Dass es auch anders geht, hat Theil während seines Marsches auf dem Jakobsweg kennengelernt. „In Spanien ist man dem Baum gegenüber wesentlich aufgeschlossener“, sagt der Waldlaubersheimer und verweist auf die Stadt Burgos, wo vier Sequoias das Bahnhofsgelände aufwerten.

Anzeige

Diese Zahl hat Wolfgang Theil in seinem Wohnort längst übertrumpft. Insgesamt 22 Mammutbäume hat er mittlerweile in der Gemarkung Waldlaubersheim eigenhändig gepflanzt. Den ersten vor 34 Jahren, ganz hinten links in der Ecke seines Gartens.