Stadt Bad Kreuznach erstattet Abwassergebühren – und nun?

Noch ist offen, ob die Abwassergebühren ab 2019 für die Haushalte der BME-Gemeinden gesenkt werden. Archivfotos: Mittler (2), Vogt-Gladigau, Lüttger

Seit vergangener Woche wissen Hausbesitzer in den alten BME-Gemeinden, wie viel Geld sie zurückbekommen. Die AZ hat deshalb bei Stadt und den VGs nachgefragt, wie es nun...

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KREIS BAD KREUZNACH. Die entscheidende Zahl steht ganz unten. Letzte Zeile, letzte Spalte. Fett markiert. Zu finden in dem Schreiben, auf das Hausbesitzer in den Gemeinden der alten VG Bad Münster am Stein-Ebernburg seit vergangener Woche in ihren Briefkästen stoßen. Eine Din-A4-Seite, oben rechts das Logo der Stadtverwaltung, darunter viele Zahlen und Abkürzungen im besten Verwaltungsdeutsch. Die interessanteste Zahl für die Hausbesitzer steht dabei wie erwähnt ganz unten. In der Rubrik „Offener Betrag“. Dort nämlich steht die Summe, die die Bürger für ihre Abwasserentsorgung 2017 und 2018 von der Stadt Bad Kreuznach zurückgezahlt bekommen. Hintergrund der Geld-zurück-Aktion ist, dass das Oberverwaltungsgericht Koblenz im November die städtische Satzung zu den Abwasserpreisen für nichtig erklärt hat.

Die AZ hat deshalb sowohl den Kreuznacher Bürgermeister Wolfgang Heinrich gefragt als auch die Bürgermeister der VG Rüdesheim und der VG Bad Kreuznach, Markus Lüttger und Marc Ullrich, wie es für die Bürger in den alten BME-Gemeinden nun weitergeht.

Nun ist es ja amtlich, wie viel Geld die Bürger erst einmal zurückbekommen. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, wie sie mit der Rückzahlung jetzt umgehen sollen?

Ullrich: Unbedingt beiseitelegen. Das ist ein ganz dringender Appell meinerseits. Ich weiß, dass das schwer ist, gerade in der Vorweihnachtszeit für Familien, die sonst nicht so viel Geld haben. Aber man muss sich immer bewusst sein, dass eine neue Rechnung der Stadt kommen wird.

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Okay, und wann wird bekannt gegeben, wie viel der Kreuznacher Abwasserbetrieb für die verkauften Leistungen tatsächlich haben will? Wie wird dieser Betrag berechnet?

Heinrich: Der Abwasserbetrieb fordert seine kompletten Kosten, die auf die neun Ortsgemeinden entfallen, zurück. Näheres werden wir zunächst bilateral besprechen.

Ullrich: Ja, es ist ja trotzdem eine Leistung der Stadt erbracht worden, und die muss bezahlt werden. Bevor das jetzt errechnet wird, ist aber zunächst einmal der komplette Betrag erstattet worden. In welcher Höhe der Bürger dann wieder an die Stadt zurückbezahlen muss, das wird die Zeit zeigen.

Vielleicht auf Basis des Abwasserschlüssels, der auf die städtischen Haushalte 2017 und 2018 angewandt wurde?

Ullrich: Das ist eine Option. Wir werden das am Mittwoch im Kreuznacher Verbandsgemeinderat auf die Tagesordnung nehmen und diskutieren. Die finale Entscheidung liegt zwar bei der Stadt, wir haben aber trotzdem eine Mitwirkungspflicht.

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Wird der Abwasserbetrieb dann ab 2019 eine neue Berechnung der Entsorgungsgebühren für die neun Gemeinden durchführen? Also: neue Sätze anbieten?

Heinrich: Nein! Die Kalkulation liegt den Verbandsgemeinden Rüdesheim und Bad Kreuznach seit rund zwei Jahren vor. Wenn sich die Vertragspartner auf deren Überprüfung durch ein unabhängiges Wirtschaftsprüfungsunternehmen einigen könnten und das Ergebnis der Prüfung akzeptierten und dem zustimmen würden, dann hätte man schnell eine Einigung.

Lüttger: Auch hier gilt: Zuständig ist der Kreuznacher Abwasserbetrieb.

Ist davon auszugehen, dass die Abwassergebühren künftig für die Bürger sinken werden?

Heinrich: Das kommt auf das Ergebnis der Verhandlungen an.

Lüttger: Das ist das erklärte Ziel.

Entscheiden die Gemeinden anschließend, ob sie die Zweckvereinbarung zur Abwasserentsorgung sogar rückgängig machen oder entscheiden das die VGs?

Heinrich: Grundsätzlich entscheiden dies die VGs. Inwieweit diese die Ortsgemeinden in den Entscheidungsprozess einbinden, kann von hier nicht beurteilt werden.

Lüttger: Dies steht derzeit nicht zur Debatte. Nach der Gemeindeordnung wären die VGs zuständig nach Anhörung der Ortsgemeinden.

Angenommen es käme zu einem Wechsel der Gemeinden zu den VG-Werken Rüdesheim: Sind die VG-Werke technisch so ausgestattet, dass sie das zusätzliche Abwasser reinigen können? Wenn nicht: Welche technischen und baulichen Investitionen wären zu erwarten, wie würden diese sich auf die Abwassergebühren der VG-Werke Rüdesheim auswirken?

Lüttger: Die Verbandsgemeinde Rüdesheim verfügt über keine Kläranlage mit der Möglichkeit der Abwasserreinigung für diesen Bereich. Die Kläranlage in Ebernburg ging nach dem Fusionsgesetz entschädigungslos in das Eigentum der Stadt Bad Kreuznach über.

Noch einmal zurück zur Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht: Wer muss die Prozesskosten tragen – und wie hoch sind sie?

Heinrich: Die Prozesskosten sind von uns zu tragen. Die Rechnung von Rechtsanwalt Dr. Dazert ging über 14 303,80 Euro. Eine Anforderung des gegnerischen Anwalts und die des OVG liegen bisher noch nicht vor.

Wann rechnen Sie mit einem offiziellen Ergebnis der Verhandlungen?

Heinrich: Wenn es nach uns geht im ersten Halbjahr 2019.

Lüttger: Nicht in 2019.

Das Interview führten Robert Neuber und Stephen Weber.