Gemeindeschwestern unterstützen Senioren in ländlichen Gebieten. Bisher gibt es diese medizinische Versorgung noch nicht im Kreis Bad Kreuznach. Könnte sich das bald ändern?
KREIS BAD KREUZNACH. Vera Mundt ist eine Gemeindeschwester. Die Versorgungsassistentin fährt täglich zu unzähligen Hausbesuchen, nimmt weite Strecken und ein hohes Arbeitspensum in Kauf, hört sich die Probleme ihrer Patienten an, versorgt die Leute medizinisch. Doch sie ist keine echte Person, sondern eine Fernsehrolle in „Die Eifelpraxis“. Das Beispiel macht aber deutlich, worum es in der medizinischen und pflegerischen Versorgung von flächenmäßig großen Gebieten gehen könnte. Und es gibt bereits reale Vorbilder.
Vor sechs Jahren hat das Land Rheinland-Pfalz das Programm „Gemeindeschwesterplus“ aufgelegt. Die Mainzer Gemeindeschwestern Petra Studt und Zakia Amallah kümmern sich um Senioren und unterstützen sie darin, weiterhin zu Hause wohnen zu können. In der Verbandsgemeinde Rhein-Nahe wurde zusammen mit der Kreisverwaltung Mainz-Bingen am 1. November zudem das Modell „Gemeindeschwester – Fachkraft für Beratung und Pflege“ für die Dauer von zwei Jahren eingerichtet. Auch hier geht es darum, die Versorgung bedürftiger Menschen in der häuslichen Alten- und Krankenpflege sicherzustellen.
Ein Versorgungsmanagement dieser Art ersetze jedoch nicht die medizinische Arbeit, darauf pocht Dr. Christian Schulze. Der Mediziner mit eigener Hausarztpraxis in der Gemeinde Winterburg kennt das Modell der akademischen Assistenzkraft. Schulze plädiert für diese inhaltliche und praktische Verzahnung, damit es nicht zu Reibungsverlusten und Mehrfach-Strukturen komme: „Sie haben sonst keine Koordination mehr“, befürchtet er. Ein solches Assistenz-Modell werde im Moment in der Sektion Versorgung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin diskutiert, aber noch nicht praktiziert.
Was sagt Landrätin Bettina Dickes dazu? „Eine einzige Person reicht vermutlich nicht aus“, sagt Dickes. Der Landkreis besitzt eine Größe von über 860 Quadratkilometern, auf fünf Verbandsgemeinden verteilen sich 118 Ortsgemeinden. Die Ortschaften liegen bis zu 50 Kilometer auseinander. Dennoch erkennt Dickes den Vorteil, medizinische „Kleinigkeiten“ von einer Gemeindeschwester übernehmen zu lassen. Das könnte Arztpraxen deutlich entlasten. Idealerweise würde das Modell einer Gemeindeschwester im Landkreis in Verbindung mit Telemedizin und Notarzt funktionieren.
Finanziell wäre zu klären, ob die Mittel vom Bund oder vom Land kommen. Noch dazu müsse es eine ausreichende Grundfinanzierung geben, die das Gesundheitssystem auch entlaste, sagt Dickes. Landkreise und kreisfreie Städte, die „Gemeindeschwesterplus“ umsetzen, erhalten auf Antrag eine Landesförderung in Höhe eines gewissen Stellenanteils für eine Fachkraft. Die Höhe der Förderung hängt somit vom finanzierten Stellenanteil ab. Die Entscheidung zur Höhe richtet sich nach dem Altenquotienten der Kommune sowie der Höhe der im Haushalt des Landes zur Verfügung stehenden Fördermittel. Im Jahr 2021 betrug die Förderung für eine Vollzeitstelle 61 800 Euro pro Jahr. Im Koalitionsvertrag der amtierenden Ampel-Regierung ist ein flächendeckender Ausbau des „Erfolgsprojekts Gemeindeschwesterplus“ festgeschrieben. 54 Gemeindeschwestern sollen es bis zum Ende der Legislaturperiode werden, aktuell sind es 42.