Geburt mit Mundschutz, Einschränkungen bei der Begleitung – so sieht die Geburtshilfe derzeit in den Krankenhäusern im Kreis aus. Sind Hausgeburten Alternative?
KREIS BAD KREUZNACH. Frauen, die derzeit ein Kind erwarten, müssen sich in den Krankenhäusern im Kreis auf Änderungen einstellen: Im Diakonie-Krankenhaus dürfen laut Dr. Micheal Kumbartski, Chefarzt der Abteilung Geburtshilfe und Gynäkologie, werdende Mütter bei der natürlichen Geburt wie beim Kaiserschnitt von einer Person begleitet werden. „Allerdings derzeit nur bei der Geburt selbst und beim Bonding, das ist die Phase direkt danach, die für die frühe Bindung von Eltern und Kind ganz wichtig ist“, schränkt der Arzt ein. Darüber hinaus seien Besuche im Diakonie Krankenhaus derzeit grundsätzlich nur in begründeten Einzelfällen erlaubt.
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Die Einschränkung der Besuche zielten darauf ab, das Infektionsrisiko zu verringern. „80 Prozent der mit Covid-19 infizierten Personen haben keine oder nur sehr leichte Symptome, sodass auch unbemerkt eine Übertragung erfolgen könnte. Dieses Risiko wollen wir durch Einschränkung der Besuche reduzieren. Das ist die logische Fortschreibung der Kontaktbeschränkungen, die seitens der Behörden für die Bevölkerung insgesamt beschlossen wurden“, formuliert Dr. Kumbartski. Und sollte die Mutter eine Infektion aufweisen? Es gebe keine belastbaren Daten dafür, dass Schwangere schwerer erkranken als andere Personen, stellt der Gynäkologe heraus. Nach bisherigen Erkenntnissen sei das Virus nicht durch den Mutterkuchen auf das ungeborene Kind übertragbar. „Mutter und Kind werden gemeinsam betreut. Bei Vorliegen einer Infektion müsste die Mutter einen Mundschutz tragen, dürfte aber stillen. Es würden strikte Isolierungsmaßnahmen zum Schutz Dritter umgesetzt. Wenn eine werdende Mutter das Virus bekommt oder infiziert ist und zur Entbindung ins Krankenhaus muss, wird durchgängig isoliert – von der Aufnahme bis zur Entlassung. Wir haben für diesen Fall auch einen unserer Kreißsäle reserviert.“
„Atemschutzmaske tragen“ heißt es im Kreißsaal im Krankenhaus St. Marienwörth für Mutter und Begleitperson unter der Geburt. So soll die Sicherheit der werdenden Mütter, der Neugeborenen, der Begleitpersonen sowie des Personals gewährleistet bleiben. Dr. med. Gabor Heim, Chefarzt der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, erklärt: „Väter oder eine Begleitperson sind erlaubt und gerne willkommen. Nach wie vor bringen wir die jungen Familien in unseren Familienzimmern gemeinsam unter. Selbst bei einem Corona-Verdacht darf bei der Entbindung im isolierten Kreißsaal der Vater oder eine Begleitperson aus dem eigenen Haushalt mit dabei sein. Genau damit wollen wir trotz der Corona-Krise eine familienfreundliche Geburtshilfe und das einzigartige Erlebnis den Vätern oder Lebenspartnern ermöglichen, natürlich unter Einhaltung der erhöhten Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen.“
Dr. Christoph von Buch, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin im Diakonie Krankenhaus stellt heraus: „Der Kontakt zu den Eltern ist für kranke Frühgeborene und Säuglinge von ganz wesentlicher Bedeutung für deren neurologische und sonstige Entwicklung. Das hilft den Kleinen ganz enorm. Deshalb sind uns Eltern auf der Frühchen- und Neugeborenenstation ausdrücklich auch jetzt willkommen, sofern sie keine Infektion oder Symptomatik haben.“
Besuchseinschränkungen, der Vater nur unmittelbar bei der Geburt dabei – für werdende Eltern kann das ein Grund sein, sich nach Alternativen zur Geburt im Krankenhaus umzuschauen. Hebamme Meike Ludwig vom Geburtshaus hat Erfahrung mit Hausgeburten. Zehn Familien hat sie im zurückliegenden Jahr im Haus der Eltern bei der Geburt begleitet. Dazu kommen acht Babys, die im Geburtshaus in der Staudernheimer Straße das Licht der Welt erblickt haben. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sich zwei Familien bei ihr gemeldet, um sich nach der Hausgeburt zu erkundigen. „Doch es hat sich gezeigt, dass sie eigentlich keine genaue Vorstellung von einer Hausgeburt hatten.“ Zwar seien beide Paare auch vor Ort gewesen, um sich das Geburtshaus anzusehen, und die Hebammen kennenzulernen. Doch sie hätten später abgesagt. Der Grund unter anderem: Bei einer Hausgeburt gibt es keine Periduralanästhesie (PDA), um den Geburtsschmerz auszuschalten. Zudem war den Paaren der Weg von zu Hause ins Geburtshaus zu weit.
Auch die Hebamme sieht das kurzfristige Umschwenken gegen Ende der Schwangerschaft kritisch. „Ich mache ungern nur wegen Corona eine Hausgeburt. Natürlich muss ich im Rahmen der Nothilfe auch bei Paaren tätig werden, die ich nicht kenne. Aber um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und den Weg zur Geburt gemeinsam mit den Paaren gehen zu können, braucht es Zeit“, stellt die Hebamme heraus, die gemeinsam mit ihrer Mutter Edith das einzige Geburtshaus in Rheinland-Pfalz leitet. „Jede Geburt ist letztlich ein Ausprobieren“, weiß Meike Ludwig. Sie begleitet auch Frauen soweit wie es geht zu Hause, damit sie nur zur Entbindung ins Krankenhaus fahren und dort nicht lange ihre Wehen bearbeiten müssen. Die Hausgeburt ist für Meike Ludwig eine gute Alternative. „Sie kann in einer vertrauten Umgebung stattfinden. Es sind die Personen dabei, die man dabeihaben möchte. Hebamme und Eltern haben sich über längere Zeit gemeinsam vorbereitet. So entsteht volles Vertrauen zu den Personen, die dabei sind.“
Meike Ludwig meint, es gibt keinen Grund, Männer von der Geburt auszuschließen, solange Hygienevorschriften eingehalten werden und die Männer gesund sind. Die Hebamme weiß, dass der Mann bei der Geburt gebraucht wird, zum Beispiel um Angaben über die Frau machen zu können. Auch das Geburtshaus läuft derzeit im Corona-Modus. Die Vorbereitungskurse wurden aufgeteilt, damit die Paare genug Abstand voneinander halten können. Die Spielkreise und das Baby-Schwimmen mussten abgesagt werden. Zudem gibt es verstärkte Hygiene-Maßnahmen. Die Frauen sind angehalten, die Vorsorge-Termine im Geburtshaus alleine, ohne ihre Männer wahrzunehmen.
Von Simone Mager