Ellenlange Texte, große Hoffnungen

Die drei Spitzenkandidaten der Grünen für den Kreistag wollen neue Klimaschutzkonzepte entwickeln (von links): Petra Kohrs, Erwin Manz und Annette Esser. Foto: Wolfgang Bartels
© Wolfgang Bartels

Mit 49 Kandidaten treten die Grünen zur Wahl des Kreistags an. Spitzenkandidatin ist Rektorin Petra Kohrs. Die Grünen hoffen, zu ihren jetzt vier Sitzen, weitere hinzuzugewinnen.

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KREIS BAD KREUZNACH. Kreisvorsitzender Stefan Boxler hat auf die Warnungen im Vorfeld nicht gehört. Schon als er vor ein paar Wochen einen dicken Entwurf für ein grünes Programm zur Kreistagswahl vorlegte, war ihm sein Parteifreund Erwin Manz in die Parade gefahren: „Unsere Politik wird nicht besser, wenn wir ellenlange Texte machen.“ Doch Boxler machte es nun wieder. Der Kreismitgliederversammlung legte er ein 16-seitiges, eng bedrucktes Papier vor. Und zäh wurde in der Versammlung um jeden Punkt gerungen. Zum Beispiel heißt es im Entwurf: „Kinder- und Jugendarbeit unterstützen.“ Frage aus den Reihen der Mitglieder: „Fördern wir Kinderarbeit?“ Also heißt es jetzt: „Kinder und Jugendliche unterstützen.“ Zumindest semantisch ist das Problem gelöst.

Partei hat derzeit vier Mandate im Kreistag

Hauptaufgabe der Mitgliederversammlung im Paritätischen Seniorenzentrum in Langenlonsheim war die Aufstellung der 49 Kandidaten für die Kreistagswahl im Mai. Zurzeit sind die Grünen dort mit vier Mandaten vertreten. Fraktionsvorsitzender Ludger Nuphaus tritt aus gesundheitlichen Gründen allerdings nur noch auf einem hinteren Listenplatz an, wird also wohl nach fast 25 Jahren im neuen Kreistag nicht mehr vertreten sein. Seine drei Kollegen Annette Esser, Petra Kohrs und Volker Kohrs kandidieren wieder auf chancenreichen Spitzenplätzen. Die Grünen, so Boxler, wollen auf jeden Fall drittstärkste Kraft im Kreistag bleiben: „Zwei Mandate hinzuzugewinnen, wäre auch nicht schlecht.“ Als Spitzenkandidatin wird Petra Kohrs antreten, die bereits einschlägige politische Erfahrungen in der Verbandsgemeinde Bad Sobernheim und auch im Kreistag gesammelt hat. Die 49-Jährige ist Leiterin der Geschwister-Scholl-Schule in Wallhausen und bringt umfangreiche Kenntnisse aus der Bildungspolitik mit: „Ich habe Kontakt zu allen Menschen, die irgendwie in unserem Wahlprogramm vorkommen, seien es Flüchtlinge, Alleinerziehende oder andere.“ Den zweiten Platz besetzt Erwin Manz, der jahrzehntelang in der Naturschutzbewegung engagiert war und heute im Mainzer Umweltministerium arbeitet. Er käme neu in den Kreistag. An dritter Stelle steht das Kreistagsmitglied Annette Esser. Die Theologin und Lehrerin hat sich vor allem um den Hildegardweg verdient gemacht und will sich für naturnahen Tourismus engagieren. Bis zum Platz 41 hält die Liste die Abwechslung von weiblichen und männlichen Kandidaten durch, doch dann gingen den Grünen offenbar die Frauen aus. Auf den letzten Plätzen versammelt sich die vorher nicht zum Zuge gekommene Männerwelt.

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Das verabschiedete Wahlprogramm trägt den Titel: „Für mehr Lebensqualität im Kreis Bad Kreuznach – Hier ist die Zukunft zu Hause.“ Die Grünen schlagen ein Klimaschutzkonzept vor, mit dem der Klimaschutzmanager des Kreises und die ansässigen Betriebe eine „Null-Emissions-Region“ anstreben sollen. Für den ländlichen Raum müsse eine nachhaltige Mobilität geschaffen werden, unter anderem durch Anbindung der Grund- und Mittelzentren im 30- oder 60-Minuten-Takt und der Dörfer im 60- bis 120-Minuten-Takt, auch durch bedarfsgesteuerte Ruf-Taxi-Linien. Neue Bahnhaltepunkte sollen an der Pfingstwiese sowie in Planig, Boos und Niederhausen geschaffen werden. Ein Haltepunkt an der Rheingrafenstraße, wo es ja immerhin von 1864 bis 1905 den Bahnhof „Kreuznach Bad“ gab, wurde aus dem Entwurf wieder herausgestrichen. Trotz des Geplänkels um den missverständlichen Begriff Kinderarbeit verzichtet das Programm auf eine Aussage, ob das städtische Jugendamt Bad Kreuznach selbständig bleiben oder dem Kreisjugendamt angegliedert werden soll. Einstimmig wurde das Programm von der Mitgliederversammlung verabschiedet. Vorsitzende Elke Kiltz meinte: „Danke, dass ihr so wenig zu meckern hattet.“ Der Kreisvorstand soll nun aus dem umfangreichen Papier noch ein Acht-Punkte- Programm für den Wahlkampf destillieren.