Da ist etwas im Bus: Neues Konzept verspricht besseren...

Der Bus in Norheim – ab 2022 sollen die öffentlichen Verkehrsmittel im gesamten Landkreis engmaschiger getaktet sein. Foto: Wolfgang Bartels  Foto: Wolfgang Bartels
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Für Martin H. ist der Weg zur Arbeit immer ein bisschen wie Rubbellose kaufen. Oder eine Packung Pralinen. Der 26-Jährige weiß nie, was ihn erwartet. Jeden Morgen steht H....

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KREIS BAD KREUZNACH. Für Martin H. ist der Weg zur Arbeit immer ein bisschen wie Rubbellose kaufen. Oder eine Packung Pralinen. Der 26-Jährige weiß nie, was ihn erwartet. Jeden Morgen steht H. in Norheim am Bahnhof, Abfahrt 5.48 Uhr, Zug nach Bad Kreuznach. Dort muss er umsteigen in den Bus, 6.16 Uhr, weiter nach Langenlonsheim. Und abends die ganze Tour wieder zurück. Klingt kompliziert – ist es auch. H. sagt: „Ich könnte auch um 6 Uhr mit dem Bus von Norheim nach Bad Kreuznach fahren, doch es ist immer wieder passiert, dass der dann Verspätung hatte und ich den Anschluss nicht bekommen habe.“ Das soll sich zukünftig ändern.

Bahnhaltepunkte für Niederhausen und Planig

Der Landkreis hat 2016 ein Konzept zum Personennahverkehr in Auftrag gegeben, sowohl für die Schiene als auch für die Straße. Seitdem versucht das Planungsbüro IGDB Verkehrsplanung aus dem hessischen Dreieich, die Wünsche des Kreises zu erfüllen. Der AZ liegen nun erste Auszüge aus dem neuen Konzept vor, das im Sommer 2018 offiziell vorgestellt werden soll.

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Wichtigste Änderung des Rohentwurfs: Niederhausen soll einen Bahnhaltepunkt bekommen, ebenso der Bad Kreuznacher Stadtteil Planig. Zudem sollen die Gemeinden des Kreises, also alle 118 Dörfer, in ein engmaschiges Busnetz eingespannt werden. Der Entwurf sieht dabei vor, dass montags bis freitags zwischen 5 oder 6 Uhr morgens bis 20 oder 21 Uhr abends alle zwei Stunden ein Bus fährt. Armin Barthelmeh, Mitarbeiter der Kreisverwaltung, teilt auf AZ-Anfrage mit: „Bei einigen Linien wird es sogar gelingen, einen 30- oder 60-Minuten-Takt zu realisieren.“

Jedoch gibt es Einschränkungen: Am Wochenende sollen die Busse später starten und früher enden – und Gemeinden mit zu wenig Passagierkraft sollen lediglich mit sogenannten Ruftaxis bedient werden. Also, nur dann angefahren werden, wenn vorher telefonischen Bedarf angemeldet wird. Barthelmeh: „Außerdem bilden passende Umstiegsmöglichkeiten auf andere Buslinien und insbesondere auf Zuganschlüsse einen Schwerpunkt.“

Ein weiterer Wunsch der Kreisverwaltung war, das Neubaugebiet „Leinenborn“ in Bad Sobernheim und das Schindeldorf in Stromberg künftig an das Busnetz anzuschließen. Laut Konzept werden beide Stadtteile ab 2022 mit eigenen Haltestellen in den Nahverkehr eingebunden. Grünenpolitiker und Bürgermeisterkandidat in der VG Rüdesheim, Stefan Boxler, hatte zudem einen Anschluss des Neubaugebiets Roxheim gefordert (die AZ berichtete). Dazu heißt es von der IGDB Verkehrsplanung: „Weitere Neubaugebiete sind aktuell nicht geplant.“

Auch den von Boxler geforderten Bahnhaltepunkt in Boos wird es nicht geben. Dazu heißt es aus Dreieich, dass in Boos „zu geringe Potenziale“ vorhanden seien. Aber „durch das neue ÖPNV-Konzept ist angedacht, Boos durch eine Buslinie an benachbarte Bahnstationen anzubinden“.

In ihrer Haushaltsrede im Dezember vor dem Kreistag bekräftigte Landrätin Bettina Dickes, wie wichtig der Personennahverkehr für den Landkreis sei. „Eine gut ausgebaute Straße ist wichtig, aber nicht alles“, begab sich Dickes auf einen beinahe philosophischen Kurs. Das neue ÖPNV-Konzept sei deshalb ein wichtiger Schritt in puncto Mobilität – und noch dazu ein umweltschonender. Gemeinsam mit einem wirtschaftlichen Privatunternehmen wolle der Landkreis das Konzept in den kommenden Jahren vom Papier auf die Straße bringen.

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Bei diesem Punkt zeigt sich Kreistagsmitglied Michael Schaller (SPD) skeptisch. „Ein Zwei-Stunden-Takt für alle Gemeinden, ich weiß nicht, ob das wirtschaftlich für einen Unternehmer ist.“ Der Sozialdemokrat vermutet, dass das neue Konzept nicht ohne Zuschüsse aus dem Kreis durchzuführen ist, „zumindest in der ersten Zeit“. Schaller setzt sich indes erneut für den Start eines Bürgerbusses in seiner Verbandsgemeinde Rüdesheim ein. „Das ersetzt keinen ÖPNV, ist aber eine gute Ergänzung, gerade für ältere Menschen.“

Auch Pendler Martin H. ist skeptisch. Ihm gehen die geplanten Änderungen nicht weit genug. „Ich wünsche mir, dass es alle 20 Minuten eine passende Verbindung gibt. Und ich wünsche mir mehr Pünktlichkeit.“ Ab 2022 ist er seinem Wunsch vielleicht ein Stückchen näher.