Die VG Alzey-Land muss beim Flächennutzungsplan Windenergie Verzögerungen in Kauf nehmen. Beschlüsse wurden aufgehoben, weil Gutachten fehlen und es einen Befangenheitsfall gab.
VG ALZEY-LAND. Die Verbandsgemeinde Alzey-Land steht bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans „Windenergie“ wieder am Anfang. Weil noch einige neue Gutachten, etwa zum Artenschutz in Bechtolsheim, zu erwarten sind, muss nun die gesamte Offenlage des Planes einschließlich der Abwägung der Stellungnahmen von Bürgern und Behörden wiederholt werden. Ein weiterer Grund für den Neustart ist ein Verstoß gegen geltendes Recht: Ein VG-Ratsmitglied hatte in der Juni-Sitzung trotz Befangenheit bei zwei Beschlüssen mit abgestimmt. „Wir stellen das Verfahren komplett auf Null“, erklärte Bürgermeister Steffen Unger in der VG-Ratssitzung am Donnerstag, bei der das Gremium der Wiederholung einstimmig seine Zustimmung erteilte.
Nach AZ-Informationen hatten Bürger aus der Verbandsgemeinde die Kommunalaufsicht über die persönliche Betroffenheit des Ratsmitgliedes informiert. Der CDU-Mann beziehungsweise dessen Familienangehörige besitzen Grundstücke in einer der ausgewiesenen Zonen für weitere Windräder. Demnach könnten er oder seine Familie davon profitieren, laut Paragraf 22 der Gemeindeordnung ein zwingender Grund, bei Abstimmungen vom Ratstisch abzurücken. Das ist jedoch nicht erfolgt. Laut Steffen Unger ist dieser Fehler jedoch nicht der Hauptgrund für die Wiederholung der Offenlage. „Wir hätten das mit einer erneuten Abstimmung leicht korrigieren können.“
Schwerer als der Befangenheitsfall wiegen für den Bürgermeister die strengen und ständig neuen rechtlichen Vorgaben. Die VG wolle Rechtssicherheit und volle Transparenz, um sich nicht juristisch angreifbar zu machen. Denn: „Wir bekommen ständig Klageandrohungen, sowohl von Windrad-Betreibern als auch von Windkraftgegnern.“ Zur Absicherung gehe man daher nun einen Schritt zurück, um vor der Offenlage alle noch ausstehenden Gutachten einarbeiten zu können. Die Wiederholung des Verfahrens wirft die VG um Monate zurück. So soll die erneute sechswöchige Offenlage des Planentwurfs im November erfolgen, die Abwägung der Stellungnahmen ist dann für Anfang 2019 vorgesehen.
Bei den Gegnern der geplanten Windräder bei Mauchenheim und Freimersheim, die in der Vergangenheit immer wieder gegen das Vorhaben protestiert haben, nimmt man die Entscheidung positiv auf. „Nach diesem Lapsus würden wir uns wünschen, dass die VG die Möglichkeit zu einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit nutzt“, sagt Martin Klenner, Mitglied der Initiative Pro Alzeyer Land auf AZ-Nachfrage. Er stellte fest, dass die Pläne der VG Alzey-Land von verschiedenen Seiten genau verfolgt würden. Auch von der Initiative selbst: Im Juni hatten Klenner und seine Mitstreiter eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Steffen Unger sowie eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen den Hauptausschuss eingelegt. Vorwurf damals: ein Verstoß gegen das Landestransparenzgesetz.
Dem befangenen CDU-Ratsmitglied will Klenner für dessen Verstoß gegen die Gemeindeordnung indes keinen Vorwurf machen: „Der Fall zeigt einfach, dass viele Ehrenamtliche mit solch schwierigen Themen komplett überfordert sind.“