Ein Hospiz ist an sich eine gute Sache. Die Idee, eins in Eppelsheim zu bauen, führt allerdings zu großen Emotionen und zu Streit. Ein Teil der Bürger in der rheinhessischen...
EPPELSHEIM. Dass ein Hospiz eine gute Sache ist, ist im Ort unumstritten. Ob eine solche Einrichtung in Eppelsheim gebaut werden soll, aber sehr wohl: Hochkochende Emotionen, verbale Schlagabtausche, Diskussionen über Mutmaßungen, Halbwahrheiten und auch Fakten bestimmten das Geschehen einer Bürgerversammlung, zu der Ortsbürgermeisterin Ute Klenk-Kaufmann (FWG) am Mittwochabend in den Bürgersaal eingeladen hatte. Dort stellten der Verein zur Förderung der ambulanten Palliativversorgung Rheinhessen/Pfalz (SAPV) und der Verein Rheinhessen Hospiz ihre Pläne vor, in Eppelsheim ein Hospiz und das Verwaltungszentrum des SAPV zu errichten.
Im Zuge der Suche nach einem Standort hatten die beiden Vereine 2018 alle Kommunen innerhalb ihres Versorgungsgebietes, welches die Regionen Alzey, Kirchheimboladen und Worms umfasst, angeschrieben. Zu denen, die antworteten, gehörte Eppelsheim – strategisch bestens gelegen im Zentrum des Versorgungsgebietes. Mögliche Bauplätze konnten Klenk-Kaufmann und die drei Beigeordneten der Ortsgemeinde nach Gesprächen mit Grundeigentürmern anbieten, der Gemeinderat befasste sich mit dem Thema, ohne dass jedoch irgendetwas beschlossen wurde. Eine Bürgerversammlung sollte nun den Rahmen für die Präsentation des angedachten Projekts bieten und den Bürgern Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern. Dass die Diskussion derart hitzig und kontrovers verlaufen würde, habe sie sich nicht vorstellen können, sagte Klenk-Kaufmann. „Ich stehe zu dem Vorhaben, denn es ist meiner Meinung nach ein richtig gutes, das unserer Gemeinde auch Chancen eröffnet.“
Davon wollten die Kritiker allerdings nichts wissen. Sie führten unter anderem Argumente wie diese ins Feld: Ein Hospiz, in dem alte und auch junge Sterbenskranke versorgt werden, sei eine zu hohe emotionale Belastung für die Anwohner; durch die 30 bis 40 Mitarbeiter sowie die Besucher entstehe deutlich mehr Straßenverkehr an allen Tagen rund um die Uhr mit entsprechenden Emissionen und Straßenschäden; ständig fahre der Leichenwagen durch den Ort; die erforderliche Infrastruktur gebe es im Ort nicht, keinen Schneider, der den letzten Anzug fertige und keine Möglichkeit, auch mal schnell noch eine Tafel Schokolade als Mitbringsel für den Angehörigen im Hospiz zu kaufen. Bemängelt wurde, es gebe keinerlei verbindlich-regelnde Papiere oder Verträge, was die Ansiedlung und den Betrieb des Hospizes in der Gemeinde betreffe. Andere warfen der Gemeindespitze dagegen vor, alles schon viel zu weit vorangetrieben und unter Ausschluss der Bürger ja schon Fakten geschaffen zu haben.
Beschimpfungen in sozialen Medien
Als dann auch noch bekannt wurde, dass schon im Vorfeld der Versammlung Befürworter eine Hospizes höchst aggressiv verbal angegangen worden und die Vorständler der beiden Vereine übelst beschimpft worden seien – in sozialen Medien sei das Attribut „Erbschleicher“ noch das freundlichste gewesen – platzte einigen Eppelsheimern die Hutschnur. „Ich vermisse hier Menschlichkeit und Nächstenliebe“, rief eine Frau. „Wenn hier ein Netto-Markt gebaut werden sollte, würdet ihr alle Hurra schreien.“
Die „enorme zusätzliche Verkehrsbelastung und die Emissionen“ ließen die Hospiz-Befürwortenden nicht gelten: An Eppelsheim vorbei verlaufe schließlich die A61, und wenn morgens viele gerade zum Brötchenholen durch den Ort führen, beschwere sich niemand. Und wenn jemand angeblich nicht ertragen könne, zu wissen, dass im Hospiz alte und junge Menschen ihre letzten Tage verbringen, solle er doch daran denken, der Tod gehöre zum Leben und wie schnell es jeden treffen könne. „Dann eine solche Einrichtung im Ort zu haben, ist doch sehr hilfreich.“ Gegen solche Ängste helfe vielleicht auch mal eine Führung durch ein Hospiz.
Pfarrerin bemüht sich um versöhnlichen Ausklang
Moderatorin Margarete Ruschmann mahnte einige Diskussionsteilnehmer zwar immer wieder Sachlichkeit an, doch sie hatte über weite Strecken keine Chance. Ute Klenk-Kaufmann kündigte an, der Gemeinderat werde sich mit dem, was in der Bürgerversammlung gesagt wurde, auseinandersetzen und über das weitere Prozedere beraten. Schließlich bemühte sich Pfarrerin Andrea Beiner um einen versöhnlichen Ausklang und rief zu einem fairen Miteinander auf. „Wir in Eppelsheim machen es uns nicht leicht“, sagte sie, „aber ich hoffe, wir kommen zu einem guten Ergebnis.“