Experten aus der Region äußern sich zu den Widerständen...

Uwe Vilz ist stellvertretender Vorsitzender des Landeshospizverbandes.Archivfoto: hbz/Sämmer  Foto:

Wie viel Tod verträgt Eppelsheim? Diese Frage wurde im Vorfeld der Bürgerversammlung zum geplanten Hospiz in der Gemeinde auf einem im Ort kursierenden Flyer gestellt. Die...

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EPPELSHEIM. Wie viel Tod verträgt Eppelsheim? Diese Frage wurde im Vorfeld der Bürgerversammlung zum geplanten Hospiz in der Gemeinde auf einem im Ort kursierenden Flyer gestellt. Die Überlegungen, eine Einrichtung mit zwölf Zimmern zur Betreuung todkranker Menschen sowie das Verwaltungszentrum des Vereins zur Förderung der ambulanten Palliativversorgung Rheinhessen/Pfalz (SAPV) im Dorf zu errichten, sorgt bei einem Teil der Bevölkerung für Unmut. Die AZ hat mit Experten aus der Palliativ- und Hospizarbeit gesprochen und sie zu den Widerständen in Eppelsheim befragt.

Uwe Vilz ist stellvertretender Vorsitzender des Landeshospizverbandes.Archivfoto: hbz/Sämmer  Foto:
Katharina Nuß (Hospizverein Dasein) will die Hospizgegner nicht stigmatisieren.Archivfoto: pa/Selak  Foto:

Udo Vilz, stellvertretender Vorsitzender des Hospiz- und Palliativverbandes Rheinland-Pfalz, bezeichnet den Bau eines Hospizes in einer 1200-Einwohner-Gemeinde als „eher ungewöhnlich, auch bundesweit“. Die meisten Einrichtungen dieser Art finde man in kleinen oder größeren Städten. „Meines Wissens nach sind auch alle Neugründungen stationärer Hospize in den vergangenen Jahren geräuschlos verlaufen“, sagt Vilz. Das liege sicher aber auch daran, dass sie eben in Städten erfolgt seien, oft auch in unmittelbarer Nähe zu bereits bestehenden Einrichtungen, etwa Krankenhäusern.

Katharina Nuß, Vorsitzende des Hospizvereins Dasein, hat ihre eigene Erklärung für das Verhalten der Gegner des in Eppelsheim geplanten Hospizes. „Hier wird eine panische Angst vor dem eigenen Ende sichtbar“, sagt sie. Und wahrscheinlich auch eine Unkenntnis darüber, was ein Hospiz eigentlich ist: Denn ein Hospiz sei kein „Todeshaus“, sondern ein „Lebenshaus“. Wer dorthin komme, sei eben noch nicht gegangen, und die Tage, die er noch habe, gelte es, so schön wie möglich zu gestalten.

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Nuß ist sicher: Wenn man die Gegner fragen würde, wie sie selbst einmal sterben wollen, würden mit Sicherheit Worte wie begleitet, behütet, schmerzarm und geborgen fallen. Und genau dies wolle ein Hospiz bieten. „Warum wollen sie das anderen, die ihnen schon ein Stück vorausgegangen sind, hier nicht gewähren?“ Vielleicht könnten sie das Hospiz in Eppelsheim verhindern, aber „Sterben kriegen sie nicht weg, dem können sie sich nicht entziehen.“

Nuß berichtet, dass es in Hessen bereits ähnliche Initiativen gegen ein Hospiz gab. Andererseits sieht sie auch viele Menschen, die sich offen mit dem Thema Sterben beschäftigen und helfen wollen. Die „Letzte-Hilfe-Kurse“ ihres Vereins brummen, innerhalb eines Jahres hat ihr Dasein zudem 20 neue Mitglieder gewonnen, Veranstaltungen an verschiedenen Orten vom Museum bis zum Bali-Kino werden gut angenommen. Derzeit laufe ein Ausbildungskurs für Sterbebegleiter. Er sei ausgebucht, der nächste schon in Planung. Mit Blick auf die Hospizgegner von Eppelsheim mahnt Nuß indes: „Es wird überhaupt nicht helfen, die Leute zu stigmatisieren, man kann nur versuchen, sie zu gewinnen.“

Das ist auch das Anliegen von Dr. Christoph Kern, zweiter Vorsitzender des Vereins Rheinhessen Hospiz. Von der „sehr kontroversen Diskussion“ bei der Bürgerversammlung sei er „sehr überrascht“ gewesen, sagt er. Mit den Plänen für ein palliatives Projekt sei ein großer Keil in die Gemeinde getrieben worden. „Deshalb muss jetzt das gemeinsame Ziel aller sein, den Keil herauszutreiben und Frieden in die Dorfgemeinschaft zu bringen“, sagt Kern.

Daher wolle er das Projekt, das auf die nächsten Jahre angelegt sei, hinten anstellen und mit der Gegenseite zusammenkommen. „Ich will dabei helfen, Vorurteile abzubauen. Ich kenne mich als Palliativmediziner gut aus, das ist mein Thema“, so Kern. Ihm sei es wichtig, zu schauen, welche Ängste hinter den Vorbehalten steckten. Deswegen traf er sich bereits mit einem Widersacher des Projekts, um eben ins Gespräch zu kommen und gegenseitige Vorurteile abbauen zu können.