Versteckte Orte, ,„Secret Places“, lässt das Geschwisterpaar Marie-Luise und Christoph Dingler entdecken. Das Violinduo „The Twiolins“ selbst ist eine wundervolle...
BECHTOLSHEIM. Versteckte Orte, ,„Secret Places“, lässt das Geschwisterpaar Marie-Luise und Christoph Dingler entdecken. Das Violinduo „The Twiolins“ selbst ist eine wundervolle Entdeckung für die Gäste des Kulturguts in Bechtolsheim.
„Es hat zwei Jahre gedauert, bis wir einen Termin zustande bekommen haben“, verrät „Kulturgutsherr“ Roland Kalus. Es ist eine ganz andere Art Musik, als man hier sonst zu hören bekommt. Und eine exquisite Erweiterung der Programmvielfalt allemal. Mit sirrenden Saiten beginnt das Spiel des Geschwisterpaars und zieht die Zuhörer sofort in den Bann.
Verwandlungen werden in Noten gesetzt
Marie-Luise in schwarz-goldener Robe, Christoph klassisch im dunklen Anzug, spielen sie einander zugewandt, aufeinander eingehend. Vom ersten Stück an, „Metamorphosis“ von Alexander Gonobolin, 1953 in der Ukraine geboren, erhalten die beiden begeisterten Applaus. Verwandlungen werden da in Noten gesetzt und von den zwei Violinen in Klänge verwandelt. Der Name des Abends und ihrer neuen, der dritten CD, ist Programm. Sie haben ausschließlich Stücke zeitgenössischer Komponisten ausgewählt, die aus dem „Crossover Composition Avard“ hervorgegangen sind. Ein hoch dotierter Wettbewerb, den Marie-Luise und Christoph Dingler 2009 selbst ins Leben gerufen haben, und der seither alle drei Jahre internationale Komponisten kammermusikalisch auf den Plan ruft. Nicht ganz uneigennützig vom Virtuosenpaar, profitieren sie doch von der phantastischen Fülle des Kompositionsmaterials, das ihrer unvergleichlichen Interpretation entgegenkommt. Wenn, wie hier, die Spitze technischer Finesse, künstlerische Ausdruckskraft und höchste Virtuosität auf spannende, neue Komposition trifft, vermittelt dies selbst dem ungeschulten Ohr ungeahnte Erlebnisse. „Macht süchtig“, könnte man sagen.
„Wer sich auf diese Musik einlässt, erfährt den Charakter der Menschen“, sagt Christoph Dingler. Von „Carpatian“ von Dawid Lubowicz über „Maha Nada“ von Sebastian Sylla, dem Berliner Songpoeten und Komponisten, in seinen fließenden Klangfolgen an indische Ragas erinnernd, zu „Trance“, zusammengefügt aus zwei Kompositionen („Trance No. 1“ von Benjamin Heim, USA, und „Atem – Licht“ von Johannes Meyerhöfer, Deutschland). Die Augen zu schließen, fordert dazu Marie-Luise auf. Klänge flirrender Helligkeit werden zu wellenförmigem Fließen…
Ganz anders „Rock vers. Ballerina“ von Jens Hubert, (Deutschland). Den aggressiven Elementen des Rock stehen die feenhaften Klänge der Tänzerin gegenüber. Nicht minder verzaubernd gestaltet sich der zweite Teil des Konzerts. Die Übereinstimmung der Geschwister ist hinreißend, fast könnte man denken, es spielten nicht zwei Menschen, sondern ein einzelner Virtuose habe sich verdoppelt, um das Erleben des Zuhörers zu vervielfachen.
„Keiner ist besser, jeder ist nur anders“
„Die zwei sind nur 13 Monate auseinander“, verrät Gertrude Dingler, die Mutter der beiden, selbst Kirchenmusikerin und Chorleiterin in Gau-Odernheim. „Keiner ist besser, jeder ist nur anders“, pflegte sie Geschwisterstreit zu schlichten. Dass sich Marie und Christoph je gestritten haben sollen, scheint bei solch musikalischer Harmonie schier unmöglich. So bestätigt Marie-Luise auch: „Wenn es um die Arbeit geht, sind wir so harmonisch, wie es auf der Bühne den Anschein hat. Und privat sind wir sehr gute Freunde.“ Wichtig ist außerdem: „Wir haben den gleichen Humor.“ Auch daran lassen sie ihr Publikum teilhaben.
Von Ulla Grall