Evangelische psychologische Beratungsstelle Mainz und Mainz-Bingen informiert über „heiße Eisen“ Mediennutzung und kindliche Sexualität
Von Kathrin Damwitz
Reporterin Rheinhessen
Mit Hilfe von Holzfiguren verdeutlicht Olaf Jacobsen-Vollmer Strukturen in Gruppen oder Familien. Foto: hbz/Kristina Schäfer
( Foto: hbz/Kristina Schäfer)
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MAINZ-BINGEN - Die „Geh-Struktur“, sie hat sich etabliert. Dieser Begriff beschreibt das Konzept der Arbeit der evangelischen psychologischen Beratungsstelle Mainz und Mainz-Bingen, die seit über 45 Jahren für Eltern, Kinder, Jugendliche, Fachpersonal da ist. Und zwar direkt vor Ort, in Kindertagesstätten (Kita) etwa. Dort bieten die Mitarbeiter Vorträge oder Elternabende an; Interessenten müssen also nicht in die Beratungsstellen in Mainz, Oppenheim, Ingelheim oder zu den Sprechstunden in Budenheim, Heidesheim, Guntersblum kommen. „Wir erreichen die Ratsuchenden, die im gesamten Gebiet des Landkreises wohnen, auf diese Weise sehr gut. Unser Angebot wird rege genutzt; es ist niederschwellig. Wir kommen in Kontakt mit Klienten, die uns ansonsten nie aufgesucht hätten“, bilanziert Diplom-Psychologe Olaf Jacobsen-Vollmer, der Leiter der Beratungsstelle.
Welches Verhalten ist entwicklungsgerecht?
Welche Themen sind es, die den Eltern und dem pädagogischen Fachpersonal auf den Nägeln brennen? „Das ist vielfältig, die Palette ist groß“, sagt Olaf Jacobsen-Vollmer. Er nennt „Grenzen setzen“, „Geschwisterrivalität“, „Übergang von der Kita in die Grundschule“ als Beispiele. Immer häufiger nachgefragt von den Einrichtungen oder von Eltern werden Fachvorträge oder Elternabende zu „Mediennutzung“ und „Kindliche Sexualität in der Kita“. Beides heiße Eisen. Welches Verhalten der Kinder hinsichtlich ihrer Sexualität ist entwicklungsgerecht, welches nicht? Diese Frage wird bei Infoveranstaltungen angesprochen.
„Problematisch ist das kindliche Verhalten dann, wenn es sich nicht um ein gleichberechtigtes Spielen zweier oder mehrerer Partner handelt, sondern wenn Einzelne zu Handlungen gezwungen werden, die sie nicht wollen“, erläutert der Leiter der Beratungsstelle. Das mögliche „Machtgefälle“ zwischen den Kindern, die Hierarchien und Strukturen, in denen sich die Handlungen abspielen, müssten genau analysiert werden.
BERATUNG
Evangelische psychologische Beratungsstelle Erziehungs- und Familienberatung Beratungszentrum Oppenheim, Postplatz 1, Telefon 06133 - 57 21 30; Beratungsstelle Mainz, Kaiserstraße 37 (auch Paar- und Lebensberatung), Telefon 06131 - 96 55 40.
Außerdem Beratungstage in den Rathäusern Budenheim, Heidesheim, Guntersblum und Sprechzeiten im Beratungszentrum Ingelheim.
Klare Regeln und klare Haltung
Es sei zudem wichtig, in Kitas klare Regeln für den Umgang mit solchen Fällen aufzustellen, Haltung zu zeigen. „Es gilt, Grenzen zu wahren und respektvoll miteinander umzugehen, das sollte das Fachpersonal auch klar vertreten. Die Erzieher müssen ein Verhalten der Kinder, das nicht in Ordnung ist, deutlich benennen“, erklärt Jacobsen-Vollmer. Ganz wichtig sei es, dem betroffenen Kind zuzuhören, seine Aussagen ernst- zunehmen, ihm Schutz zu gewähren. Hören die Belästigungen trotz Intervention und klarer Ansprache nicht auf, so müssten externe Fachkräfte dazugeholt werden.
Nicht nur Gespräche mit Eltern und Erziehern führen die Psychologen und Sozialarbeiter um Olaf Jacobsen-Vollmer. Sie bieten bei Bedarf auch Verhaltensbeobachtungen von Mädchen oder Jungen in den Kitas an – „selbstverständlich nur auf Wunsch der Eltern, sie müssen zustimmen“, wie der Psychologe unterstreicht. Nach Auswertung der Diagnose könne gemeinsam überlegt werden, welche Hilfen oder Unterstützung das Kind benötige. Mit der Anwesenheit dort, wo sich auch die Kinder aufhalten, haben sich für die Beratung neue Perspektiven eröffnet. Bei der Aufarbeitung von Problemen profitieren Fachpersonal und Eltern von der Vielfalt der gesammelten Eindrücke, von Verhaltensbeschreibungen und -bewertungen.
Im übrigen berät die Fachstelle, die zum größten Teil vom Landkreis und der Stadt Mainz finanziert wird, ebenso vom Land und der EKHN, nicht nur Kitas in evangelischer Trägerschaft, sondern auch kommunale und katholische. Ebenso kooperiert sie eng mit der Schulsozialarbeit. Die Beratung ist für die Familien oder Einzelpersonen kostenlos und geschieht vertraulich. Fortbildungen für das Personal in Kitas hat die Einrichtung ebenfalls in ihrem Programm.