Ingelheim verbietet Demo der Partei „Die Rechte Rheinhessen“
Ingelheim verbietet die für Karsamstag angekündigte Demo der Partei „Die Rechte Rheinhessen“. Währenddessen formiert sich friedlicher Widerstand gegen Gewalt und Rassismus.
Von Helena Sender-Petry und Julia Krentosch
(Karikatur Heinrich Schwarze-Blanke)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
INGELHEIM - Es ist ein Versuch. Das Ergebnis ist offen. Denn die Stadt Ingelheim hat die geplante Demonstration der Partei Die Rechte Rheinhessen am Ostersamstag verboten. Am Dienstag informierte Oberbürgermeister Ralf Claus die AZ: „Wir haben die Anmeldung rechtlich geprüft und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Versammlung speziell an diesem besonderen Tag die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet.“
In der Tat hat der 20. April, Adolf Hitlers Geburtstag, eine symbolträchtige Bedeutung für Neo-Nazis aller Couleur. Ein Aufmarsch von Rechtsauslegern, ausgerechnet am Ostersamstag, will die Stadt nicht so einfach hinnehmen, weil die „Bürgerrechte auf Anstand, Sitte, Moral und insbesondere auch das religiöse Empfinden in erheblichem Maß gestört werden“. Zudem seien die Osterfeiertage eng mit dem Thema Frieden verknüpft, „sie unterliegen dem besonderen Schutz des Landesfeiertagsgesetzes in Rheinland-Pfalz“, unterstreicht Claus. Der OB ist überzeugt, dass von der Demonstration eine erhebliche Provokation ausgehe, die das sittliche und moralische Empfinden der Bürgerinnen und Bürger verletzen würde.
In-RAGE plant bunte Aktion als Widerstand
Eine Verlegung der Demo habe die Partei Die Rechte am Montag ablehnt. „Daraufhin haben wir deren Vertretern die Verbotsverfügung angekündigt, gegen die sie nun vor dem Verwaltungsgericht vorgehen wollen“, sagt Claus. Ob es der Stadt gelingt, mit ihren Argumenten zu überzeugen, ist dennoch fraglich. Auch wenn eine Versammlung nach Paragraf 15, Absatz 1 des Versammlungsgesetzes verboten werden kann, „wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet ist“.
Egal, wie die Entscheidung ausgeht, sie werden da sein: die Mitglieder des Ingelheimer Bündnisses gegen Rassismus und Gewalt In-RAGE. Zusammen mit Rheinhessen gegen Rechts, Versöhnungskirche, Musikschule, Stadtsportverband, Boehringer Ingelheim, Deutsch-Israelischem Freundeskreis, Migrationsbeirat und vielen anderen Institutionen oder Unternehmen haben sie den Widerstand organisiert. „Keine Gegen-Demo“, das ist Dieter Engelhard, Vorsitzender von In-RAGE, wichtig. Eine familienfreundliche und bunte Aktion in der Innenstadt soll es werden. „Vor allem aber eine friedliche“, macht Engelhard noch einmal deutlich. Man will Gesicht zeigen. So wie es der „Ingelheimer Appell“, eine Initiative des Runden Tisches Asyl der Stadt Ingelheim und In-RAGE für mehr Toleranz, Respekt und Mitgefühl, vorsieht.
Umfunktionierung der Rechtendemo zum Spendenlauf
Wenn Die Rechte also tatsächlich am Karsamstag, 20. April, zusammen mit der Kameradschaft Rheinhessen und dem Nationalen Widerstand Zweibrücken gegen 14.30 Uhr am Ingelheimer Bahnhof ankommt, um den Auftakt ihres Europa-Wahlkampfes zu feiern, dann sind die Ingelheimer schon da. Auf allen Plätzen der Innenstadt, ab 13.30 Uhr. Es wird Musik von Ingelheimer Chören oder dem Posaunenchor der Versöhnungskirche geben, Bands und Sänger haben sich schon angekündigt. Der Deutsch-Israelische Freundeskreis lädt ab 12 Uhr zum Familienfest auf dem Renate-Wertheim-Platz vor der Mediathek ein, In-RAGE, Oberbürgermeister Ralf Claus wird zur Kundgebung ein paar Worte sagen.
Engelhard ist zuversichtlich, dass kommenden Samstag viele Menschen in die Innenstadt kommen werden. Großen Zuspruch und breite Unterstützung habe man in den letzten Wochen erfahren. Eine Frau hat Engelhard vor der kING getroffen, die zuletzt 1989 auf einer Demo war. „Aber jetzt muss es wieder sein“ – solche Sätze hören die In-RAGE-Mitglieder in den letzten Tagen häufig. Die Polizei, mit der Engelhard in engem Kontakt steht, rechnet mit 600 bis 800 Menschen. Und sollten die „Rechten“ tatsächlich durch Ingelheim marschieren? „Dann funktionieren wir das kurzerhand zum Spendenlauf um“, so Engelhard. Jeder Meter, den sie zurücklegen, bringt dann Spenden für eine gemeinnützige Organisation oder Einrichtung. Welche das sein wird, legt das Orga-Team heute Abend bei einem Treffen im Jugend- und Kulturzentrum Yellow ebenso fest, wie das endgültige Programm.