Hundeelend - Ingelheimer retten Tiere aus Rumänien
Das Tierheim Ingelheim nimmt fünf von über 80 Streunern aus Rumänien auf, die wegen mafiöser Strukturen nach monatelangen Qualen in einer "Pension" fast verendet wären.
Von Heide Tittel
Editorin Rheinland-Pfalz-Desk
Phineas darf demnächst nach Ingelheim reisen. Foto: Sabine Hamman
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INGELHEIM - Dante wartet seit drei Monaten in einer Tötungsstation." Der etwa drei Jahre alte Mischlingsrüde sei in Ungarn auf der Straße gefunden worden, befinde sich seitdem in einem Zwinger von nur einem Quadratmeter und "bangt um jeden Tag". Weiter heißt es auf der Homepage von Fellengel in Not: "Wir müssen ihn schnell in Sicherheit bringen!" Und: "Wer schenkt ihm ein warmes Körbchen?"
Zu diesem Text gibt es Fotos von dem wunderschönen Kerl. Auf einem drückt er seine Schnauze durch die Gitterstäbe eines winzigen Verschlags. Hilfsappelle wie diese finden sich mittlerweile in Hülle und Fülle im Netz, viele Tierfreunde sind bereit, zu helfen, sei es, dass sie selbst einen Hund vor der Tötung retten und adoptieren wollen, sei es, dass sie als Pate Geld an Vereine oder Initiativen überweisen, die häufig Namen tragen wie Fellnäschen, Pfotenhilfe oder Engel auf vier Pfoten. Das Importieren von Hunden boomt. Auf Dante kommen wir später noch zurück.
Schwarze Schafe erkennen
Die Tierhelfer Ingelheim übernehmen in Kürze fünf Hunde aus einem besonders krassen Fall, der sich in Rumänien ereignet hat und fast mafiöse Strukturen hinter dem Elend der Tiere aufzeigt. Die Aufnahme dieser Hunde sei eine Ausnahme, betont Tierheimleiterin Melanie Weingart: "Wir haben in unseren deutschen Heimen genug Hunde sitzen, die auf Vermittlung warten." Ihr ist es wichtig, Laien, die beim Auslandstierschutz helfen wollen, Kriterien an die Hand zu geben, um schwarze Schafe von seriösen Organisationen unterscheiden zu können. Zu Letzteren zählt der als gemeinnützig anerkannte Freundeskreis BrunoPet e.V. mit Sitz in Babenhausen, deren Vorsitzende Constanze Haag eine gute Bekannte von Melanie Weingart ist. Beide waren zwanzig Jahre lang gemeinsam im Tierschutz aktiv.
Constanze Haag bekam am 9. Januar einen Anruf von einer Kollegin aus Rumänien, ob sie helfen könne, 85 Hunde aus einer Pension im Ort Cristian bei Sibiu zu holen. Eine kleine deutsche Initiative hatte sie dorthin vermittelt, nachdem die Hunde aus einer Tötungsstation gerettet worden waren. Nur war der Initiative das Geld ausgegangen; sie konnte den vereinbarten Unterhalt an den Pensionsbetreiber nicht mehr zahlen. Die Folge: Der Mann, ein Tierarzt, der die Hunde auf seinem Grundstück hielt - ohne Schatten im heißen Sommer 2018 und ohne Schutz in Kälte und Matsch auf blankem Boden in diesem Herbst und Winter - gab den Tieren kaum noch etwas zu fressen und kündigte an, das Füttern ganz einzustellen, wenn er kein Geld sähe. Die Hunde magerten ab bis auf die Knochen. Es dauerte Wochen, bis von der Initiative endlich jemand zu dem Grundstück fuhr, berichtet Constanze Haag. Da waren einige Hunde bereits verendet.
Als Haag die desaströsen Fotos sah, handelte sie sofort. "Wir und andere befreundete Vereine sind eingesprungen und haben die restlichen Hunde aufgeteilt. Fünf nimmt Melanie in Ingelheim auf, sie kommen, sobald sie transportfähig sind." Der Tierarzt betreibe übrigens nicht nur die "Hundepension", sondern biete für umliegende Gemeinden auch einen "Tötungs- und Entsorgungsservice" im Sinne der rumänischen Streunerhundeverordnung an. Das rumänische Quintett, das vom Tierheim Ingelheim in diesem Frühjahr vermittelt werden soll, ist zwischen fünf und zwölf Jahre alt, es handelt sich um einen Malinois, eine reinrassige Schäferhündin sowie um Schäferhundmischlinge.
"In letzter Zeit häufen sich bei uns die Anfragen, ob wir den Karren aus dem Dreck ziehen können", ärgert sich Weingart über Organisationen, die ohne Eigenkapital oder ausreichende Vernetzung auf Facebook und Co. um Spenden bitten für Hunde aus Tötungsstationen. Sie hätten oft keine Möglichkeit, die Hunde zurückzunehmen, wenn sich herausstellt, dass es sich bei den ehemaligen Straßenhunden um Angstbeißer handelt und die neuen Besitzer überfordert sind.
"Es versickert unheimlich viel Geld in schwarzen Löchern", weiß Constanze Haag, die als Schulleiterin in Bernkastel-Kues arbeitet und Vorsitzende des Freundeskreises BrunoPet ist. Sie unterstützt seit mehr als zehn Jahren ein Tierheim in Miercurea Ciuc in den Ostkarpaten, das von der Stiftung Fundatia Pro Animalia geleitet wird: "Da der Tierschutz in Rumänien noch keinen großen Stellenwert hat und es an Geld fehlt, haben wir die Organisation und die Finanzierung des Tierheims übernommen." BrunoPet bezahlt Trockenfutter, Impfungen und Medikamente sowie das Kastrieren und Markieren der Hunde. Des Weiteren kommt der Verein für Arbeiter, einen Verwalter und zwei Tierärzte auf und hat eine junge Frau engagiert, die mit Welpen und Junghunden kuschelt, um sie an Menschen zu gewöhnen. Näheres ist auf der Website www.brunopet.de zu erfahren.
Verein sollte gemeinnützig sein
Wer eine seriöse Tierschutzorganisation unterstützen möchte, sollte darauf achten, dass es mit dem "Trade Control and Expert System" (TRACES), ein tierärztliches Informationssystem für den internationalen Handel in Europa, vernetzt ist. Dieses elektronische Meldeverfahren muss von allen Tierschutzorganisationen angewendet werden, da die tierseuchenrechtlichen Auflagen für den Transport innerhalb der EU gelten. Zudem können die Veterinärämter die Transporte bei den Stopps kontrollieren. Auch sollte darauf geachtet werden, dass der Verein gemeinnützig ist.
Zurück zu Mischlingshund Dante aus Ungarn, der längst die Chance gehabt hätte, die Tötungsstation zu verlassen. Eine Ingelheimer Tierfreundin hatte dem Verein Fellengel in Not bereits im Dezember angeboten, für Dante die Impf- und Transportkosten zu übernehmen, das Tierheim Ingelheim hatte gerade Platz und war bereit, den Hund aufzunehmen. Antwort des Vereins damals: "Das machen wir grundsätzlich nicht. Wir haben ein eigenes gutes Tierheim, mit dem wir zusammenarbeiten." Außerdem habe Dante inzwischen Interessenten. Fakt ist, dass Dante bis am Freitag auf der Website des Vereins stand mit dem Appell, ihn von der Tötungsstation zu retten.