Elternkreis Autismus tritt kleine Lawine los

Vorstand des Elternkreises Autismus Rheinhessen mit Sitz in Ingelheim. Der Verein kann Räume im Mehrgenerationenhaus nutzen. Foto: Elternkreis Autismus Foto: Elternkreis Autismus
INGELHEIM - „Wir haben ganz klein angefangen“, erinnert sich Susanne Behne an die ersten Schritte vor gut fünf Jahren. Ein kleiner Kreis von Eltern brachte den Stein ins Rollen. Ziel war eine Anlaufstelle für Väter und Mütter von Kindern mit Autismus. Und so hoben die Initiatorinnen 2012 den „Elternkreis Autismus Rheinhessen“ aus der Taufe. Angedockt an das Mehrgenerationenhaus (MGH) in Ingelheim-West, wo man Räume zur Verfügung gestellt bekam.
Dabei sind auch Familien aus Wiesbaden und Frankfurt
Fünf Jahre später ist die Gruppe längst den Kinderschuhen entwachsen. Der Elternkreis ist ein eingetragener Verein mit einem siebenköpfigen Vorstandsteam. Rund 160 Familien haben sich inzwischen der Selbsthilfegruppe angeschlossen, deren Einzugsgebiet weit über die Region Rheinhessen hinausreicht. Familien aus Wiesbaden und Frankfurt nehmen die Angebote ebenso in Anspruch wie Eltern aus der Pfalz. „Es ist ziemlich einzigartig, was wir bieten“, erklärt Susanne Behne, eine der beiden Vorsitzenden des Elternkreises, die große Resonanz.
Die Gruppe gibt Eltern das Gefühl, dass sie nicht allein sind. Im Elternkreis kann man auftanken, Kraft schöpfen und sich fallenlassen. Es gibt Unterstützung bei Alltagsproblemen und in Krisensituationen. Darüber hinaus organisiert die Gruppe regelmäßig Veranstaltungen. Das beginnt bei Familientreffen, reicht über Gesprächsabende und Fachvorträge bis hin zur Podiumsdiskussion oder zur Ausstellung. Ganz wichtig ist dem Elternkreis, dass die Angebote nicht auf Familien mit Autismus beschränkt sind. Auch die interessierte Öffentlichkeit ist zu den Veranstaltungen eingeladen. Ein ganz wesentlicher Mosaikstein für die Elternarbeit ist das MGH, wo die Gruppe von Anfang an beheimatet ist. Dort finden die Familien eine „Wohlfühloase“, in der jeder so sein darf, wie er ist.
VEREIN
Den „Elternkreis Autismus Rheinhessen“ gibt es seit 2012. Seit August 2017 ist er ein eingetragener Verein. Weitere Informationen gibt es unter www.autismus-rheinhessen.de.
Durch die Gründung eines eingetragenen Vereins im August hat die Selbsthilfegruppe noch einmal einen zusätzlichen Schub bekommen. „Wir werden immer mehr als kompetente Ansprechpartner wahrgenommen“, freut sich Susanne Behnes Co-Vorsitzende Claudia Sporn. Andere Institutionen verweisen auf die Arbeit des Elternkreises und laden die Vertreterinnen als Referentinnen zum Thema Autismus ein. Gefragt ist der Elternkreis auch, wenn es bei Einrichtungen wie dem „Team Autismus“ in Mainz längere Wartezeiten gibt. Denn die wenigen einschlägigen Hilfsangebote in der Region sind hoffnungslos überlaufen. Ist Not am Mann, dann springt der Elternkreis auch hier in die Bresche.
Mit der Vereinsgründung hat sich aber nicht nur der Status des Elternkreises geändert, als eingetragener Verein kann man nun auch Spenden sammeln. Und das tut die Gruppe fleißig. „Das Geld setzen wir ein, um neue Angebote auf den Weg zu bringen“, erklären die Vorsitzende. Der erste Schritt sind Freizeitangebote für Kinder mit Autismus und für Geschwisterkinder. „Wir schaffen die Angebote, die uns selbst gefehlt haben“, lautet dabei die Devise. Gerade in Sachen Freizeit- und Ferienangebote sieht es nämlich alles andere als rosig aus.
„Inklusion findet nicht statt – außer im MGH“, beklagt Susanne Behne. Es gebe weder städtische Angebote, noch solche von Vereinen oder Volkshochschulen. „Das“, sagt sie, „wollen wir ändern“. Über Ferien- und Freizeitangebote hinaus hat der Elternkreis weitere Projekte im Auge. Vorgespräche laufen zurzeit für eine Seminarreihe, die man in Kooperation mit der Kreis-VHS Mainz-Bingen anbieten will.