Das große Schlüpfen: die Küken des Ingelheimer Geflügel- und Kaninchenzuchtverein
Wie wird das Ei zum Küken? Wir erklären es. In einer vierteiligen Kurzserie schauen wir beim Geflügel- und Kaninchenzuchtverein Ingelheim hinter die Kulissen – und den Osterküken beim Schlüpfen zu.
Von Julia Krentosch
Redaktionsleiterin Lokalredaktion Mainz
Beim Durchleuchten des Eis mit der sogenannten Schierlampe lässt sich feststellen, ob das Ei – wie hier im Bild – unbefruchtet ist, oder ob daraus bald ein Küken schlüpfen wird. Foto: Thomas Schmidt
( Foto: Thomas Schmidt)
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INGELHEIM - Das Hühnerei leuchtet wie eine rote Glühbirne. Markus Heinen, Zweiter Vorsitzender des Geflügel- und Kaninchenzuchtvereins (GKZV), schüttelt den Kopf. „Das ist nicht befruchtet.“ Nächstes. Heinen hält die Schierlampe – damit durchleuchtet er die Eier, die gleich in den Brutkasten sollen – ans dicke Ende. Und plötzlich: ein dunkler Fleck unter der leuchtend roten Schale. „Jawohl, das hat geklappt“, sagt der GKZV-Brutmeister und nickt zufrieden. Dieses Ei wird ausgebrütet. Dafür kommt es jetzt 18 Tage lang in den sogenannten „Vorbrüter“, bevor das Ei für den Endspurt in den „Schlupfbrüter“ umzieht. Beide Geräte stehen bei Heinen im Keller, etwa 400 Eier passen rein. Wenn alles glattgeht, schlüpft aus unserem Ei in rund 21 Tagen ein Küken.
Das zieht dann bei Vereinsvorsitzendem Ralf Scheider ein, um dessen künftige Hühner geht es hier nämlich gerade. Zwei Wochen lang hat Scheider die Hühnereier auf seinem Gelände gesammelt, beschriftet und durchnummeriert, damit er und Heinen den Überblick behalten. Das machen alle Züchter so. Die vereinseigenen sowieso, aber auch die privaten, die sich für die Brut beim GKZV einmieten. Bei hunderten Küken im Jahr, die von Januar bis Mai schlüpfen, käme man sonst durcheinander. „Etwa 800 waren es im vergangenen Jahr“, erzählt Heinen mit Blick in die Brutkladde, „ein bisschen weniger als in den Vorjahren.“
Scheiders Eier jedenfalls lagert Heinen jetzt in den Vorbrüter ein. Eine erste Fuhre – „Schlupf“ sagen die Züchter – einer anderen Hühnerrasse des Ersten Vorsitzenden steht sogar schon drin, Kassierer Rainer Müller hat schon die Eier seiner Zwerg Welsumer abgegeben und auch Heinens Tiere haben inzwischen fleißig Eier für den Brutapparat produziert. Der sieht aus wie ein Kühlschrank, nur eben mit warmer Luft. 37,8 Grad sind es im Innern, 54 Prozent Luftfeuchte. Exakt so mag es das Ei. Zehn Minuten am Tag kühlt das Gerät ab. „Das simuliert die fehlende Henne, die einmal am Tag aufsteht zum Essen und Trinken“, erklärt Scheider. Und auch sonst soll sich die Kunstbrut möglichst an der Natur orientieren. Alle zwei Stunden wird das Ei im Vorbrüter gewendet, sodass sich der Dotter nicht auf einer Seite am Boden absenken und verkleben kann. „Das macht die Henne auch“, erklärt Heinen.
DIE SERIE
Wie wird das Ei zum Küken? Wir dürfen im Geflügel- und Kaninchenzuchtverein Ingelheim hinter die Kulissen schauen und die Osterküken beim Schlüpfen beobachten.
Seine und Scheiders Eier weiter unten im Gerät ziehen demnächst in den Schlupfbrüter um. Das ist quasi die Babywiege der Eier, hier schlüpfen die Küken. Drei bis vier Tage brauchen sie dafür, 70 Prozent Luftfeuchte auch. Sonst trocknen die Eier so arg aus. „Ob die Küken pünktlich sind, liegt auch am Wetter, bei Kälte beginnt die Zellteilung später“, führt Müller, der im Verein auch für den Tier- und Artenschutz zuständig ist, aus. Ein bisschen hängt es auch davon, ob die Henne schon mal vorgebrütet hat, bis der Züchter das Ei im Stall gefunden hat. Hudern, sagt der Fachmann. Hat die Henne also schon mal auf dem Ei gesessen, schlüpft das Küken früher? „Das könnte man meinen“, lacht Heinen. „Es ist aber nicht so. Denn aus einem frischen Ei schlüpft das Küken immer früher als aus einem Älteren.“ Verrückt. Und irgendwie faszinierend. Acht Jahre hat Heinen schon Erfahrung als GKZV-Brutmeister, hat inzwischen tausende Küken schlüpfen sehen. „Und es ist immer wieder ein Wunder, was da passiert“, findet er. „Ein Stück Schöpfung“, so sieht es auch Müller.