Wie lassen sich wegen der Gasknappheit Kosten sparen? Bislang sollen in Darmstädter Schwimmbädern die Temperaturen reduziert werden. Das muss aber nicht der letzte Schritt bleiben.
DARMSTADT. Mit eindringlichen Worten hat Darmstadts OB Jochen Partsch (Grüne) auf die Notwendigkeit zum Energiesparen im Angesicht der aktuell höchst prekären Gasversorgung hingewiesen. „Wir alle müssen Gas sparen“, sagte er am Donnerstag während einer kurzfristig einberufenen Aktuellen Stunde, für die ein Antrag des fraktionslosen Parlamentariers Helmut Klett sorgte. Der OB appellierte an die Vorbildfunktion der Stadt und nannte eine Marge von „20 Prozent und auch mehr“ als Ziel. Dabei schloss er die Schließung von Schwimmbädern nicht aus.
Weitere Pläne folgen
Bereits zum Wochenanfang reagierte die Stadt mit der Einrichtung einer Energie-Taskforce, in der „alle relevanten Ämter“ und Akteure der Stadtwirtschaft inklusive Klinikum involviert sind. „Wir kommen derzeit von einer schwierigen Situation in die nächste.“ Nach Pandemie, Ukraine-Krieg, Flüchtlingsaufnahme sei die Energieversorgung nun die nächste Herkulesaufgabe, auf welche die Stadt reagieren muss.
Im Einklang mit Empfehlungen des Deutschen Städtetages hatte die neue Taskforce zum Wochenanfang bereits Einschränkungen beschlossen. Dazu zählen beispielsweise die Absenkung der Badewassertemperatur um zwei Grad Celsius, das Abschalten der Beleuchtung repräsentativer Gebäude oder das Abschalten der Warmwasseraufbereitung in öffentlichen Gebäuden. Welche Schwimmbecken in Betracht kämen, werde laut städtischer Pressestelle noch geprüft.
Lesen Sie auch:Energie-Taskforce im Klinikum Darmstadt
Zudem werden für den Eigenbetrieb Immobilienmanagement (IDA) 100.000 Euro zur weiteren Einsparoptimierung investiert. Der Eigenbetrieb Bäder und die Sportstätten werden Ende nächster Woche einen weiteren Plan vorlegen, so Partsch weiter. Die Sparbemühungen könnten dabei so weit gehen, dass das Schließen von Bädern als eine Option auf dem Tisch bleibt. In Anlehnung an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte Partsch: „Jede Kilowattstunde zählt“. Auch berge die derzeitige Notlösung der Kohlekraftwerke ihre Tücken, da wegen der sinkenden Rheinpegel Kohleschiffe nur noch eingeschränkt liefern könnten, wie zuletzt mehrere Medien berichteten.
Keine Energiezuschüsse für Bürger
Für Vertreterinnen der Grünen wie Heike Böhler sei die Energiekrise hausgemacht, da sich Deutschland von autokratischen Staaten abhängig gemacht habe, die in Dealer-Manier aufträten. Die Sparnotwendigkeit unterstrich sodann Paul Georg Wandrey (CDU), der sich Sorgen um die „Prozesswärme für Betriebe“ machte und die Sparmaßnahmen in Anbetracht des allgemein hohen Lebensstandards als zumutbar erachtete. „Das ist kein zu hoher Beitrag!“ und Leif Blum attestierte der Stadt, „das zu tun, was nun notwendig ist“.
Andere Noten brachten Uli Franke (Linke) und Günter Zabel (AfD) ein. Beide sahen den aktuellen „Wirtschaftskrieg“ als Ursache der prekären Lage, Zabel sah sich in seinen ursprünglichen Mutmaßungen, dass eine Sanktionspolitik nicht zielführend sei, bestätigt. Da der AfD-Mann sich wiederholt in geopolitischen und unlokalen Statements erging, kassierte er eine Ermahnung von Stadtverordnetenvorsteher Yücel Akdeniz (Grüne), etwas „zur Sache“ der Aktuellen Stunde zu sagen.
Lesen Sie auch:Auch in Darmstadt droht jetzt der Energie-Rotstift
In ihren Anpassungsstrategien gehen die Kommunen trotz der allgemeinen Empfehlungen des Deutschen Städtetages unterschiedlich um. Die Stadt Kassel hatte angekündigt, nach Antrag einen Energiezuschuss in Höhe von 75 Euro an die Bürger auszuzahlen. Derartigen Ideen erklärte Partsch eine klare Absage: „Diesem Vorbild werden wir in keinem Fall folgen“, sagte er dem Parlament, da von einem solchen Geld auch gehobene Schichten profitierten, die gar nicht darauf angewiesen seien. Kassel lässt sich diese Maßnahme 15,4 Millionen Euro kosten. Partsch sieht dagegen den Bund in der Verantwortung.
Von André Heuwinkel