Tage des Hauptschultraktes in Oberdiebach sind wohl gezählt
PCB-Belastung und Sanierungsstau – der leerstehende Hauptschultrakt ist für die VG Rhein-Selz ein finanzielles Fass ohne Boden. Der Abriss wird immer wahrscheinlicher.
Von Jochen Werner
Der große ehemalige Hauptschultrakt und der Verwaltungsbereich liegen zwischen Grundschulneubau und der Turnhalle.
(Foto: Jochen Werner)
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VG RHEIN-NAHE - Seit einigen Jahren steht der frühere, in den 1970er Jahren errichtete Hauptschultrakt am Petersackerhof im Oberdiebacher Ortsteil Rheindiebach fast vollständig leer. Lediglich vier der 20 Räume werden noch für wenige Stunden pro Woche genutzt: für Musik- und differenzierten Religionsunterricht, als Bibliothek und im Mehrzweckraum für kleinere Veranstaltungen. Nun scheinen die letzten Monate des Gebäudes in Oberdiebach gezählt. Schuld sind in diesem Jahr gemessene PCB-Werte, die mittelfristiges Handeln notwendig machen. Schuld ist genauso der enorme Sanierungsbedarf.
Teilweise sind noch die ersten Metallfenster eingebaut, der Aufzug funktioniert nicht mehr, die Klassenzimmertüren müssten ersetzt werden, in den Fluren sind viele Fliesen abgefallen, sie wurden dann komplett abgeschlagen.
Durch die Betonbauweise belaufen sich VG-Chef Karl Thorn zufolge die jährlichen Heizkosten auf rund 100 000 Euro, allerdings für den gesamten Bau inklusive der Grundschule. Energetisch mehr als kritisch, Sanierung fast unmöglich. Dazu kommt zu allem Überfluss die PCB-Belastung, die innerhalb von fünf Jahren beseitigt werden muss. Deren Hauptursache liegt darin, dass vor zwei Jahrzehnten aufgebrachte Schutzanstriche porös werden. Möglicherweise wurden beim Bau auch Planken nicht ausreichend abgeschliffen, so dass sich die krebsauslösende Chlorverbindung mit den Jahren durch die Fugen drückt. Vor rund 20 Jahren wurden für eine PCB-Sanierungsmaßnahme schon einmal zwei Millionen Mark fällig.
Die heute im Raum stehenden Kosten machen schwindlig. Allein für die PCB-Sanierung wird mit 532 000 Euro gerechnet. Insgesamt stehen brutto 1,85 Millionen Euro im Raum. Viel Geld für den viergeschossigen Bau, der seit Auslaufen der Hauptschule und dem Zwischenspiel mit dem Studienseminar Mainz als Mieter nicht mehr gebraucht wird und den auch niemand haben möchte. Und, so Thorn: „Der Altbau ist im momentanen Zustand nicht nutzbar.“ Ein Gutachter hat deshalb auch schon die Abrisskosten überschlagen. Sie sollen zwischen 500 000 und 700 000 Euro liegen.
Von einem Abriss wären auch der Verwaltungstrakt mit dem Lehrerzimmer sowie die Schultoiletten betroffen. Der Rat war sich einig, alle möglichen Optionen von einem Fachplaner prüfen zu lassen. Dazu gehört etwa eine Containerlösung für die Zeit zwischen beginnenden Abrisses und der Fertigstellung des bedarfsgerechten Neubaus. Dazu gehört aber auch die eventuelle Möglichkeit, auf einer noch zu definierenden Stelle des Geländes zuerst den Neubau zu errichten und so auf die Container zu verzichten. Es geht um Wirtschaftlichkeit und Baualternativen. Abgeklopft werden soll zudem, ob Fördertöpfe angezapft werden können.
Das Gremium war sich einig, die Vorschläge ergänzten sich. „Wir brauchen ein abgerundetes Gesamtpaket mit Bedarf, Kostenfrage und einer Zeitachse“, forderte Dieter Kochskämper (FWG). Kollege Jörg Berres (FDP) hatte den Fachplaner ins Spiel gebracht, Eva Harras-Link (Grüne) bat um Informationen über die Quadratmeterzahlen, pochte wegen der noch günstigen Zinsen ebenso wie der Verbandsbürgermeister auf den Faktor Zeit. Philipp Rahn (SPD) ahnte, „dass wir um einen Abriss nicht herumkommen“, und Otfried Lang (CDU) sah anstelle des Fasses ohne Boden jetzt die gute Chance, etwas Neues zu machen.
Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr ist jedenfalls um einen gewaltigen Posten umfangreicher, die ohnehin hoch verschuldete VG Rhein-Nahe muss tief in die Tasche greifen.