Zwei, die sich gut verstehen: Winzer Tobias Korn (links) und Autor Jörg Böhm bei der Lesung samt Weinprobe in Oberheimbach. Foto: Jochen Werner
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OBERHEIMBACH - Zum zweiten Mal bereits hatte die Kulturgruppe der WOF (Wir Oberheimbacher Frauen) Krimiautor Jörg Böhm zu einer Lesung im Braune Saal im Gasthaus „Krug zum grünen Kranze“ eingeladen. Spannung, Humor und Wein waren dazu da, an zwei Abenden den Zuhörern äußerst unterhaltsame Stunden zu bieten und viel Lust auf Mehr zu machen. Und dabei zu zeigen, dass sich mit Engagement und Geschick Einiges auf die Beine stellen lässt.
Immer noch sehr journalistisch unterwegs
Böhm, früher auch für diese Zeitung im Einsatz, ist auf den Recherchetouren für seine Romane immer noch sehr journalistisch unterwegs. Die Sorgfaltspflicht ist ihm wichtig. Entsprechend unternimmt er Reisen zu möglichen Tatorten, um sich inspirieren zu lassen. Orte, die ihm nicht gefallen oder die nicht zu ihm passen, lässt er weg, sucht dann in der jeweiligen Region nach „Ersatz“. Vor elf Jahren entschied sich der heute 34-Jährige für das Schreiben von Büchern, „weil ich nicht mehr das gefunden habe, was ich gerne gelesen hätte“. Seine Konsequenz damals lautete, das Handwerk von der Pike auf zu lernen. Der Lohn: Vor wenigen Tagen kam bereits sein sechster Krimi heraus, zudem ist er für viele Touren auf Aida-Schiffen gebucht.
Und dann eben Oberheimbach. Warum? Böhm gefällt es hier, der gebürtige Neuwieder genießt seinen Auftritt, der weit über eine herkömmliche Lesung hinausgeht, sichtlich. Sich Oma-like in den bereitgestellten Ohrensessel unters Licht setzen? Nein. Lieber steht er am Bühnenrand im alten Saal direkt vor seinem Publikum, liest aus seinem aktuellen Werk „Niemandsblut“ und geht auf das ein, was ihm entgegengetragen wird. „Großartig, wenn der Saal so mitmacht“, lobt er die Gäste. Die setzen sich anders zusammen als üblich. „Normal“ seien die Frauen deutlich in der Überzahl, erzählt Böhm, hier aber sei der männliche Anteil genauso groß. Wenigstens beinahe.
Böhm muss bei manchen Passagen in seinem Buch spontan grinsen. „Das hört sich an wie bei 50 Shades of Grey“, kommt ihm über die Lippen, und er vermutet umgehend, dass bei einem seiner Testleser „dabei die Scheiben in der Berliner U-Bahn stark beschlagen waren“. Die Lesung wird mehr und mehr zum Erlebnis, das Lust macht, sich selbst in den Stoff hineinzufinden. Denn der besteht aus zwei Handlungssträngen mit wohl recherchierten historischen Hintergründen aus Zeiten des Kalten Krieges, die bis in die Gegenwart hineinreichen und die nicht aufgearbeitet, aus Verbrechen, die nicht aufgeklärt, aber zumindest teilweise verjährt sind.
Moderatorin zur Vorbereitung auf der Aida
„Ich kann mit dem Buchtitel nix anfangen, war zur Vorbereitung aber im Januar mal schnell auf der Aida“, schickte Monika Müller in der Anmoderation vorweg. Parallel zur Lesung schenkte Tobias Korn nach dem Sektempfang fünf Weine aus seiner aktuellen Kollektion aus. Und Böhm versprach, dass es zwar „keinen Mord an Bord“ gebe, wohl aber an solchen ausgewählten Stellen, die von den Schiffsreisenden bei ihren Landausflügen besucht werden könnten. Der Horror ist bei ihm quasi auf der Kreuzfahrt zu den Perlen des Mittelmeers inklusive. Die kunterbunte Mischung im Braune Saal war nach Böhms ersten Auftritt hier vor drei Jahren schon mit einer gewissen Erwartungshaltung gekommen. Die wurde in mehr als drei sehr kurzweiligen Stunden sogar noch übertroffen.