Ein 650 Jahre altes Haus ist eins von sechs Denkmälern, die am Wochenende in Oberdiebach besichtigt werden.
Von Jochen Werner
650 Jahre hat das vermutlich älteste gotische Fachwerkhaus am Mittelrhein in Oberdiebach auf dem Buckel. Gefeiert zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag.
(Foto: Sammlung Deuer)
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OBERDIEBACH - Das vermutlich älteste gotische Fachwerkhaus am Mittelrhein steht Am Kräuterberg 10 in Oberdiebach. Am kommenden Sonntag feiern Elke Lewin-Deuer und Stefan Deuer mit dem gesamten Denkmalteam hier den 650. Geburtstag des Anwesens, das aus dem Jahr 1369 stammt. In Oberdiebach ist aber noch viel mehr los. Insgesamt sechs Denkmäler wollen in einem umfangreichen Programm am Tag des offenen Denkmals besichtigt, erobert und gefeiert werden, frei nach dem Motto „Alte Gemäuer – Frisches Blut“.
Als Elke Lewin-Deuer vor vier Jahrzehnten nach Oberdiebach kam, hatte sie keine Ahnung, dass das Haus, das sie sich ausgesucht hatte, ein solches Denkmal, ein spätgotisches Fachwerkhaus mit barockem Mansarddach war und wiedererweckt werden wollte. Eine Zentralheizung wurde eingebaut. Neue Fester waren bestellt, als während des Umbaus ein Mitarbeiter der Denkmalpflege vorbeikam „und anfing zu stottern und von gotischem Mauerwerk berichtete“, denkt Elke Lewin-Deuer zurück. Das hieß erst einmal: „Wir hatten die falschen Fenster bestellt.“ Oder: „Alles fing jetzt erst richtig an.“
Sieben Jahre lang dauerte der Baustopp. Lewin-Deuer, die in der Nachbarschaft gerade ihr Atelier aufgebaut hatte, hatte für ihre Meister-Schneiderei von nun an erst einmal keine feste Arbeitsstelle mehr. An einen Neubau hätten sie nie gedacht, erzählt sie und sagt: „Natürlich habe ich immer wieder geschimpft, aber bereuen will ich nichts, hätte auch niemals ausziehen wollen!“ Vielmehr stand sie der Idee, das besondere Fachwerk-Juwel aufzupolieren, immer positiv gegenüber. Das Paar ergänzt sich dabei perfekt. „Ich übernehme den kreativen Part, Stefan ist dagegen handwerklich begabt“, sagt sie.
TAG DES OFFENEN DENKMALS
Samstag, 7. September, 19 Uhr, Klassik-Konzert in der Kirche St. Moritz; anschließend (20 Uhr) Illumination des gotischen Fachwerkhauses Am Kräuterberg 10
Sonntag, 8. September, 10 Uhr, Eröffnung der Feier am Fachwerkhaus mit Ehrengästen, Besichtigung der offenen Denkmäler und der historischen Landmaschinen-Ausstellung bei Karsten Augustat (Rosenstraße 10); 10.45 Uhr Gottesdienst mit Taufe, anschließend Fotoausstellung (St. Moritz); 11 Uhr Dorf- und Denkmälerführung mit Silvia Seidler (ab Fürstenberghalle); 11 bis 18 Uhr Öffnung Fachwerkhaus Am Kräuterberg 10; 12 Uhr Verzehrmöglichkeit vor dem Fachwerkhaus Am Kräuterberg 10; 13.30 Uhr Kirchenführung mit Silvia Seidler; 13 bis 17 Uhr Öffnung des ehemaligen Amtshauses, Wiesenviertel 1; 13 bis 18 Uhr Öffnung Welterbegarten am alten Pfarrhaus; 12 bis 17 Uhr Öffnung der Aulersmühle (Rheingoldstraße 101).
Von außen ist das Haus mittlerweile so, wie es sein soll. Auch der Gewölbekeller ist ordnungsgemäß erneuert, der erste Stock seit ein paar Jahren fertig. Alles wurde mit Fotos dokumentiert. „Das Haus ist unser Lebenswerk, wird es auch bleiben“, sagt Stefan Deuer und weist darauf hin, dass mit der Badsanierung und dem Ausbau des Speichers noch zwei große Brocken bevorstehen.
Wozu das Haus einmal diente, ob weltlich als Zehnt- oder Herrschaftshaus, ob sakral, oder wen es in seinen Mauern beherbergte, da gehen die Meinungen auseinander. Für Elke ist es „unser eigenes Denkmal, denn das Haus hat ganz viel Seele, ein ganz besonderes Klima. Es ist wie eine Burg, die selbst in der schlimmsten Bauzeit das Flair des Beschützers für uns hatte.“ Der Denkmalstag im vergangenen Jahr bedeutete einen Testlauf, am kommenden Sonntag folgt die eigentliche Premiere. Dann dürfen die Gäste auch ins Erdgeschoss schauen. Einzige Bedingung von Stefan Deuer: „Finger weg vom Kühlschrank!“