Eine Eisweinlese ist ohnehin ein Highlight für jeden Winzer. Wenn während dieses Spektakels dann auch noch ein Blutmond zu sehen ist, ergibt das ein einmaliges Erlebnis.
Von Jochen Werner
Die muntere Truppe ist bei eisigen Temperaturen unterwegs bei Niederheimbach unterwegs.
(Foto: Stephan Fendel)
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NIEDERHEIMBACH/OBERWESEL - Die Eisweinlese war schon immer etwas ganz Besonderes, für die Winzer der krönende Abschluss eines Jahres. Im Anblick des Klimawandels wird sie immer seltener. Anders als in den vergangenen Wintern folgten im ganz speziellen Weinjahr 2018 am Ende doch noch einige Tage mit klirrender Kälte – und damit für Winzer und ihre Helfer das Highlight schlechthin. Diesmal hätte der Zauber gar nicht schöner sein können. Zur außergewöhnlichen Ernte kam die Faszination des „Blut-Vollmondes“ hinzu. Zumindest am frühen Montagmorgen, als Stephan Fendel mit seinem Team in Oberwesel unterwegs war.
Stephan Fendel in Niederheimbach und Oberwesel sowie Jochen Ratzenberger aus Steeg waren die einzigen Winzer im Bereich der Verbandsgemeinde Rhein-Nahe, die einen Teil ihrer Trauben hatten hängen lassen und die Geduld hatten, auf die erhofften frostigen Temperaturen im Januar zu warten. Dabei profitierten sie von dem außergewöhnlichen Jahr 2018 mit dem ewig langen und trockenen Sommer, der nicht nur qualitativ hochwertige Tropfen verspricht, sondern auch eine selten zuvor bekannte Quantität hervorbrachte. „Deshalb hatten wir die nahezu einmalige Gelegenheit, das Edelste herauszustellen und die Trauben hängen zu lassen“, so Fendel.
In der Niederheimbacher Lage „Froher Weingarten“ erntete er zusammen mit 14 Helfern, alle mit Stirnlampen ausgestattet, am frühen Sonntagmorgen zwischen 5 und 7.30 Uhr bei Temperaturen von minus 8,5 Grad Celsius insgesamt 400 Liter Eiswein. Die Weinkontrolle am nächsten Vormittag bestätigte, dass alles in Ordnung war. 142 Grad Oechsle hat der gute Tropfen, der am Montagmorgen in Oberwesel gelesene Eiswein gar 157 Grad. Viel mehr sollen es laut Fendel auch nicht sein. „Je mehr es friert, umso konzentrierter ist der Saft“, sagt der 47-jährige Winzer und weiß, „dass es hier auch irgendwo Grenzen gibt.“
Die muntere Truppe ist bei eisigen Temperaturen unterwegs bei Niederheimbach unterwegs. Foto: Stephan Fendel
Gefrorene Trauben am Mittelrhein. Fotos: Stephan Fendel
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Ein Geräusch, von dem er nicht genug bekommen kann, weil es eben sehr selten ist, ist das Klackern, wenn die gefrorenen Trauben in die Lesebüttchen gefüllt werden und wie Murmeln hineinpurzeln. Am Montag kam zu dem ohnehin seltenen Erlebnis das absolut Einzigartige dazu. „Der Blutmond war das ganz besondere Event“, sagt Fendel und weiß, dass er sich wahrscheinlich zeitlebens an diesen Jahrgang und die Lese erinnern wird. Heißt: „So viel Glück hat ein Mensch nur ganz selten.“ Zumal auch die Ausbeute stimmte, in Oberwesel weitere 120 Liter geerntet wurden. Für Stephan Fendel steht deshalb fest, „dass dieser Weinjahrgang in die Geschichte eingehen wird.“
Wenn sich die Trauben mit ihren einzelnen Beeren zusammenziehen und frieren, ist das Ergebnis genial. Ist es dagegen nur nass, lässt sich mit ihnen nichts mehr anfangen. Stephan Fendel hat nach 2003 und 2004 zum letzten Mal 2007 probiert, Eiswein zu produzieren. Und dann jetzt wieder. „Es ist das edelste Getränk, das aus Wein entstehen kann“, sagt er und verweist auf die tropischen Fruchtaromen dieses besonderen Jahrganges, die die vielen Sonnenstunden hervorbrachten. Dass es mit der Eiswein-Lese geklappt hat, daran hätte er nicht mehr geglaubt. „Aber wir alle hatten richtig Spaß“, sagt er und verspricht: „Der Wein wird ein Gedicht!“ Vor allem, weil auch die Ausbeute des Eisweins außergewöhnlich groß ist.