Spielzeug wird instand gesetzt, Kleidung geflickt, Älteren das Internet erklärt: Vielseitig und nachhaltig ist der Wander-Treff, der einmalig ist in Rheinland-Pfalz.
Von Christine Tscherner
Johann Stubbe aus Neurath (li) nimmt die kaputte Nähmaschine von Ute Heß (rechts) unter die Lupe. Klimaschutzbeauftragte Sarah Wendel (2.v.re) und Digitalbotschafter Berthold Heinrich (Mitte hinten) unterstützen das Repair-Café-Team.
(Foto: Christine Tscherner)
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MÜNSTER-SARMSHEIM - Manfred Karl ist Spezialist für Kinderspielzeug, Amer Ibrahim der Näh-Experte und Johann Stubbe der Mann für Kniffliges. Reparieren statt Wegwerfen ist das Motto ihres Repair-Cafés. Novum in der Verbandsgemeinde Rhein-Nahe: Die Treffen wandern von Ort zu Ort. „Das ist einmalig in Rheinland-Pfalz“, unterstreicht Mit-Initiatorin Judith Thorn. Die AZ schaute sich beim Schraubertreffen im Münster-Sarmsheimer Gemeindezentrum um.
Ältere Geräte sind einfacher zu reparieren
Wie an einem Skilift stehen Rührgerät, Kaffeemaschine, Pediküre-Set, Schleifmaschine und Metronom in der Warteschlange. „Je älter ein Gerät, desto eher lässt es sich reparieren“, sagt Manfred Karl, während er zum Mini-Kreuzschlitzschrauber greift. „Neue Geräte kann man oft gar nicht mehr öffnen, um Fehler zu beheben.“
Kollege Johann Stubbe (83) nickt. Der Schneider aus Neurath spielt seinen gesamten Erfahrungsschatz beim Unterfadeneinzug aus. Die alte Nähmaschine von Ute Heß soll wieder in Gang kommen. „Zum Wegwerfen ist sie zu schade“, findet die Besitzerin. 30 bis 40 Reparaturen pro Tag schafft das Team. Einziger Lohn: glückliche Gesichter.
Wer Hilfe beim Kürzen von Röcken braucht oder zerschlissene Kniestücke an Kinderhosen reparieren will, der ist in der Nähecke von Ande Weiss und Amer Ibrahim richtig. Die Französin ist passionierte Hobbyschneiderin, der Syrer Profi mit viel Recycling-Geschick.
Neben ihnen hat Sarah Wendel ihren Infostand aufgebaut. Die ehrenamtliche Klimaschutzbeauftragte der Verbandsgemeinde nutzt das Treffen seit dem Jahresstart als Infobörse. „Wiederverwerten oder Teilen ist immer gut fürs Klima“, sagt sie. Reparieren statt neu kaufen passt perfekt zum Konzept.
Omas kommen mit Enkeln in den Saal. Ein Ausmalquiz vom Klima-Tisch überbrückt die Wartezeit auf die Inspektion der Spielzeugbahn für die Kleinen, die Kuchentafel und der Kaffeeplausch scheint hoch willkommen bei den Damen. Mehr Stühle müssen hereingetragen werden. Berthold Heinrich als Digital-Botschafter nutzt den Treffpunkt für sein Angebot: Das landesweite Projekt der digitalen Unterstützung für Ältere soll die Angst nehmen vor der Internet-Nutzung.
„Wenn der Enkel der Oma sein altes Tablet vermacht, dann muss sie auch wissen, wie sie damit umgeht“, sagt Heinrich. Manchmal ist der Ratgeber außerhalb der Familie die deutlich bessere Anlaufstelle.
Wer mag, kann eine Spende für Beratung, die Helfer der Malteser und die Reparatur in eine Box werfen. „Alle Einnahmen gehen an einen guten Zweck“, sagt Judith Thorn. Zusammen mit zehn Mitstreitern hatte sie in Münster-Sarmsheim drei Jahre lang die Kleiderbank für Bedürftige organisiert. Als eine Arztpraxis in die Räume zog, wurde aus der Raumnot eine Tugend.
Die durch die Verbandsgemeinde ziehende Reparaturwerkstatt knüpfte an den Gedanken der Zweitverwertung an. „Ein schöner Nebeneffekt ist, dass wir uns aus allen VG-Teilen einmal im Monat sehen und austauschen können“, sagt Judith Thorn. Außerdem erhalten erfahrene Heimwerker Anerkennung und reichen ihr Wissen weiter.
VG-Bürgermeister Karl Thorn (CDU) geht bereits die nächsten Termine für das umherziehende Repair-Café durch. Am 13. März trifft sich die Schrauber-Runde das nächste Mal. Wieder sind Klimaschutz-Beauftragte und Digitalbotschafter mit im Boot. Dann wird Oberdiebach zur Werkstatt mit Kaffeeduft und viel Heimwerker-Knowhow.