Dorfbewohner öffnen beim Rosenfest in Medenscheid die Gärten
Von Jochen Werner
Das Dorf Medenscheid lädt am 3. Juni zum Rosenfest ein. Besucher können durch die Gärten schlendern und verschiedene Rosenarten kennenlernen. Foto: Jochen Werner
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MEDENSCHEID - Zum sechsten Mal bereits heißt es in Medenscheid frei nach Édith Piaf „La vie en rose“. Das Rosendorf hoch über Bacharach auf den Rheinhöhen öffnet dabei 13 unterschiedliche Gärten, die alle eines verbindet: Die Liebe zur Königin unter den Blumen. Diesmal fällt das Fest auf den Welterbetag am 3. Juni. Dann ist das sinnliche Vergnügen in Medenscheid von 11 bis 17 Uhr großgeschrieben. Mit Begegnungen, kulinarischen Köstlichkeiten, Düften und einem ungeahnten Farbenspektrum im Blütenballett. Und das trotz üppiger Rosenbouquets in großer sommerlicher Leichtigkeit.
Mehr als 700 Sorten in 123 Gärten
Die Medenscheider „Rosenfrauen“ gärtnern das ganze Jahr hindurch mit ihren rosenroten Brillen. „Gärten sind wie Fußball“, sagt Beate Lieber als eine unter weit mehr als einem Dutzend Rosenliebhaberinnen im Bacharacher Stadtteil, „man liebt sie, oder man kann wenig mit ihnen anfangen und verschenkt sie vielleicht ein- oder zweimal im Jahr.“ Ähnlich wie das „Public Viewing“ bei Welt- oder Europameisterschaften eben. Das Medenscheider Public Viewing findet demnach am ersten Junisonntag statt.
Dass sich das ganze Dorf und nicht nur die beiden Gärten Langer und Lieber als „Welterbegärten“ entwickelt haben, liegt an Rolf Heidrich. Der im vergangenen Jahr verstorbene Winzer, Brenner, Heimatliebhaber und Kümmerer hatte die Idee, statt weniger Grundstücke gleich ein ganzes Dorf zum Welterbegarten zu machen. Zu einem Garten, in dem die Rosen im Vordergrund stehen. Mit mittlerweile mehr als 700 verschiedenen Sorten, die sich in den 123 Gärten und in verschiedenen Dorfflächen präsentieren. Beim vorherigen Fest vor zwei Jahren gab es nicht nur die dorfeigene Rose „Schöne von Medenscheid“ zu bestaunen, Heidrich präsentierte dabei auch seinen mit Gold prämierten Rosenlikör, der am Sonntag zum letzten Mal ausgeschenkt wird, genauso wie Eisdielenbesitzer Mimo sein letztes Bacharacher Duftroseneis anpreist.
Bewundert werden können über 700 verschiedene Rosensorten. Außerdem können die Vielfalt der Beet-, Strauch- und Kletterrosen sowie historische und englische Rosen bestaunt werden. Auch gibt es Raritäten mit Namen wie „Stefanovitch“ oder „Seaspray“, die es sonst zumeist nur im Rosarium in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) gibt. In Medenscheid öffnen sich die Gärten als Lebensräume, als kreative Werkstätten, als grüne Oasen und Orte der Entschleunigung. Hier kommt zum Bewundern das Eingebundensein in den Kreislauf der Natur, in das Werden und Vergehen, das Säen und Ernten. Alles so, dass jeder für sich selbst Kraft schöpfen kann. Dass jeder dem Zauber der ungezählten Duftnoten und zahllosen Farbschattierungen und Blütenformen erliegen muss.
Für das besondere Dorfprojekt sind vor allem ein langer Atem und viel kreative Schaffenskraft gefragt, reicht das gemeinsame Graben und Pflegen über das private Areal hinaus. Die chemische Keule kommt dabei in Medenscheid auf keinen Fall zum Einsatz. Hier wird die Rose gelebt, steht sie für Lebensqualität, hier sind die Gärten Zeichen der Lebensqualität und eine besondere Ökonische. Denn der Anbau geschieht so naturnah wie möglich. Frei nach dem Motto: Wo kein Unkraut wächst, wächst auch sonst nichts. Beikräuter in den Beeten und auf den Flächen gehören deshalb dazu, schließlich ist die Vielfalt an Blühpflanzen und Insekten das große Ziel der Medenscheider. Hier ist das gelebter und geliebter Alltag, wofür gestresste Manager ein Vermögen zahlen würden. Die Gärten stellen sich als Antidepressiva vor, zeigen die besondere Diversität und verwöhnen all die, die mit Auge und Zeit hindurchschlendern.
Das Tagesprogramm bietet viel mehr. Eine historische Ortsführung gehört dazu, Kulinarisches in vielen köstlichen Variationen wird in der Ortsmitte, dort, wo seit Kurzem die von Mike Schneider geschmiedete Rose steht, angeboten. Es ist Zeit und Gelegenheit zum Austausch, zur Begegnung, zum Fachsimpeln, zum Genießen.