Beim Tag der Architektur in Bacharach ist das Alte Haus die Attraktion
Von Jochen Werner
Die Architekten Hubertus Jäckel und Viktor Seewald vor dem Alten Haus. Foto: Jochen Werner
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BACHARACH - Das Interesse war groß. Vor allem Touristen wollten einen Blick in eines der berühmtesten und das nach dem Haus Sickingen zweitälteste Gebäude der Stadt werfen. Architekt Hubertus Jäckel stand als Fachmann am „Tag der Architektur“ zur Verfügung, gab informative Auskünfte über das „Alte Haus“ in der Oberstraße 61 am Marktplatz und folgte damit dem Leitspruch „Mehr (er)leben“.
Das von außen meistfotografierte Haus am Mittelrhein ist der markante, schiefe Fachwerkbau sowieso. Weshalb eine denkmalgerechte Sanierung der Tragwerke und Fachwerkkonstruktionen unbedingt notwendig war, wieso die Dachflächen neu eingedeckt werden mussten und was hinter der Restaurierung der Fassaden und Innenmalereien steckte, erklärte Jäckel gemeinsam mit seinem Kollegen Viktor Seewald. Und brachte dabei auch Victor Hugo ins Spiel. „Es gibt kein Haus, das sich so vehement der Schwerkraft widersetzt“, zitierte Jäckel den französischen Schriftsteller und weiß, dass Reni Webers Familie, die das Gasthaus seit vier Generationen führt, außer Komponist Robert Stolz, der hier seine Operette „Wenn die kleinen Veilchen blühen“ spielen ließ, schon immer Prominente aller Couleur und aus der ganzen Welt bewirtete. „Das Holz war einmal komplett durchgefault“, so Jäckel. Es sei während der Arbeiten immer spannend gewesen, wenn ein Stück Wand geöffnet werden musste. „Wir haben viele Schäden vermutet, aber am Ende war es immer noch ein Stück fauler als faul.“ Dennoch: Ihm machten die Arbeiten großen Spaß. „Das Nervigste waren dagegen die Abwicklung der formalen Geschichten und das Abrechnungsprozedere. Das wird immer verrückter“, machte Jäckel aus seinem Herzen keine Mördergrube.
„In der Vergangenheit viel verpennt“
Beim Tag der Architektur war er bereits zum 13. Mal dabei, „so oft wie kein anderer“. Am Mittelrhein sieht Jäckel ein Architekturvakuum: „Die Region hat in der Vergangenheit einfach vieles verpennt!“ Umso verständlicher, dass viele Menschen die Gelegenheit nutzen wollten, ein historisches Objekt von ganz anderer Sichtweise kennenzulernen. Zumal mehrere Förderer das gut 400 000 Euro teure Erhaltungsprogramm zum reinen Bestandsschutz finanzierten: Außer dem Bund und dem Land waren das laut Jäckel die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und das Landesamt für Denkmalpflege. „Alles nur substanzerhaltend“, versicherte Jäckel, „nichts davon floss in eine Wohnraumverbesserung.“
Als Baujahr gab Jäckel 1392 an, erste Umbauphasen titulierte er auf 1550, 1568 und 1621. Die jüngste Sanierung begann 2012, ist gerade abgeschlossen. Gehandelt werden musste unbedingt: Es gab deutliche Setzungs- und Bewegungserscheinungen, teilweise hatten ursprünglich präzise gefügte Bauteile ihre Lage um zehn bis 15 Zentimeter verändert.