Anne Kauer ist Nachfolgerin im Weingut Dr. Kauer in Bacharach
„Ich trinke gerne trocken und am liebsten, was prickelt!“ Deswegen muss bei der 28-Jährigen ein Secco auf jeden Fall dabei sein. Mit vielen Events gepaart ein Erfolgsrezept.
Von Jochen Werner
Anne Kauer macht gerne Werbung für die Region und die regionale Gastronomie. Der Wein darf da nicht fehlen.
(Foto: Jochen Werner)
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BACHARACH - Sie hat immer schon viel und gern im heimischen Weingut in Bacharach mitgearbeitet. Und nun übernimmt sie mehr und mehr Verantwortung. Dabei war der Berufswunsch Anne Kauers nach dem Abitur an der Higa noch längst nicht ausgereift. Nach dem Abschluss der Lehre zur Hotelfachfrau standen erst einmal drei Monate in Australien an – und die Erkenntnis, dass ihr Heimweh gleichzeitig das richtige Gefühl für das Zuhause am Mittelrhein bedeutete.
Damit war eine Entscheidung gefallen. In Geisenheim studierte die heute 28-Jährige Internationale Weinwirtschaft, erreichte 2017 ihren Bachelor of Science. Nach einem Jahr im Marketing von Reh Kendermann in Kempten schlitterte sie über die Elternzeit in Vollzeit ins Weingut, das ihr Vater, Dr. Randolf Kauer, 1982 als Vorreiter des ökologischen Weinbaus gegründet hatte. Im vergangenen Jahr kam Tochter Mila zur Welt. Seither hat Anne in der Mainzer Straße in Bacharach erst einmal feste Öffnungszeiten eingeführt, will den Betrieb nach und nach ein bisschen vergrößern. „Aber ohne zu übertreiben“, schickt sie sofort hinterher.
Es herrscht Umbruchstimmung im Weingut Dr. Kauer. Anne hat vor, den heimischen Betrieb umzustellen, vom Nebenerwerb mit knapp vier Hektar Rebfläche hin zum Vollzeit-Weingut. „Bei sieben bis acht Hektar liegt die Wahrheit“, glaubt sie, denn Bio und Steillagen müssen noch zu händeln sein. Die Wirtschaftlichkeit muss gesichert sein, auch wenn der Ertrag nicht so hoch ist wie bei manchen Kollegen. Wichtig ist ihr, noch alle Weinberge im Blick behalten zu können. Anne ist dabei unbedingt optimistisch und sagt: „Das Ummodeln macht mir Spaß. Und meine Eltern unterstützen mich, so gut es geht.“ Keine Frage bei den Kauers: Rückhalt und Zusammenhalt in der Familie stimmen.
ÜBER DIE SERIE
In den Verbandsgemeinden wächst eine neue Weinbau-Generation heran. Der Nachwuchs übernimmt immer mehr Verantwortung in Weinberg, Keller und Vertrieb. Was machen sie anders? Welche Traditionen führen sie fort? Die AZ widmet den jungen Winzern eine Serie.
Erster eigener Wein heißt „Von Herzen“
Der erste eigene Wein war ein 2015er Riesling, gewachsen in wenigen Zeilen in Oberdiebach, den sie zwei Jahre später in den Verkauf brachte. Der Name war Programm: „Von Herzen“ lautete er, fand seine Nachfolger in einem weißen Secco und bald in einer trockenen Spätlese, die aktuell noch auf der Hefe liegt. Sie wird das letzte Erzeugnis aus diesem Wingert sein, der nämlich bestand nur aus acht Reihen, litt unter großem Wildfraß. Secco war für Anne logisch. „Denn ich trinke gerne trocken und am liebsten, was prickelt!“
Im Anbau testet sie im Oberdiebacher Fürstenberg pilzwiderstandsfähige Rebsorten – Muscaris, Souvignier gris und Cabernet blanc. „Mal gucken, wie sie sich entwickeln. Piwis auf Schieferboden sind eher Neuland“, ist Anne gespannt. Der Regent als deren berühmtester Vertreter ist mittlerweile zwar schon in Rheinhessen zuhause, ob er aber auch auf Schieferboden in ähnlicher Qualität gedeiht?
Anne hat mit Veranstaltungen jede Menge Schwung ins ohnehin innovative Weingut gebracht. Supergut waren die ersten Abende beim „Kellerrauschen“, dem Indoor-Weinfest im heimischen Gewölbe, mit Essen, Musik und verschiedenen Winzern. Mit lockeren Gesprächen und auch mit einer Biertheke. Die Idee wuchs aus Gesprächen mit einer Freundin und der Erkenntnis, „dass wir am Mittelrhein etwas Lockeres brauchen, was es so noch nicht gibt.“ Party und Wein verbinden, die Zukunft gestalten. Ursprünglich für das junge Publikum gedacht, bringt das Kellerrauschen im eigenen Gewölbe mittlerweile die Menschen aller Generationen und Couleur zwischen 16 und 80 zusammen, hat fast schon Weinfestcharakter bekommen.
Dass sie sich beim Weindate Mittelrhein aktiv beteiligt, ist ausgemacht. Anne ist im Orga-Team, kümmert sich besonders um die Printmedien. Immer am ersten Samstag im Juni ist es soweit: Dann laden die Weingüter vom gesamten Mittelrhein zum Verkostungserlebnis ein. Start war 2018 in Leutesdorf, diesmal findet die Veranstaltung in Boppard und Spay statt, im nächsten Jahr dann in Ober- und Niederheimbach.
Überhaupt: Anne will bodenständig bleiben, Werbung für die Region und die regionale Gastronomie machen, den Mittelrhein nach vorne bringen. Sie engagiert sich in der Weinwerbung Mittelrhein, hält über WhatsApp-Gruppen intensiven Kontakt zu den Winzerkollegen. „Der Zusammenhalt ist echt groß, wir unterstützen uns gegenseitig, geben uns Empfehlungen“, sagt sie. Das alte Konkurrenzdenken ist längst dem Wissen gewichen, dass im weltweiten Wettbewerb nur ein Miteinander zählt, „und da müssen wir uns gegenseitig das Leben wirklich nicht noch schwerer machen.“