Das Hotel Gelber Hof ist ein Stück Bacharacher Geschichte. Das Gebäude soll bereits im 13. Jahrhundert ein Eigenhof gewesen sein.
Von Jochen Werner
Heiner Mades kennt sich bestens mit der Geschichte des „Gelben Hofs“ aus.
(Foto: Jochen Werner)
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BACHARACH - Das Niedrigwasser des Rheins ist nicht nur ein Touristenmagnet. Es bringt auch längst Vergangenes wieder ans Tageslicht, lässt damit Erinnerungen wach werden. So, wie ein Schild, das der Steeger Winzer Jochen Ratzenberger zufällig bei einer Paddeltour zwischen Münzbachmündung und der Insel Heyles’en Werth aus dem Quellwasser-klaren Strom fischte. Ein Schild mit dem Hinweis auf das Bacharacher Traditionshaus Gelber Hof.
Auf der Rückseite Muscheln, auf der Vorderseite die Beschriftung. „Gelber Hof. Blücherstraße 26. Altbekannter Gasthof. 200 Jahre Familienbesitz.“ Soviel lässt sich an den Rändern gut lesen, in der Schildmitte erahnen und bestimmt auch reproduzieren. Heiner Mades jedenfalls kennt sich bestens aus. Seiner Familie gehörte der Gelbe Hof, er selbst musste das Haus schließlich verkaufen, weil kein Nachfolger aus dem eigenen Kreis gefunden werden konnte. Etwas Wehmut schwingt mit, wenn sich Mades daran erinnert, „dass wir 2003 noch 275 Jahre Familienbesitz gefeiert haben.“
Der Gelbe Hof ist nicht nur aktuell ein Hotel garni, er ist ein Stück Bacharacher Geschichte. Ein Blick auf das Haus ist eine Zeitreise durch die Historie der Kleinstadt. Im Jahr 1728 pachteten Gabriel und Juliane Mades den Fronhof, erwarben danach Brau- und Beherbergungsrechte, am 15. April 1801 kaufte Winzer und Bierbrauer Carl Mades für die Summe von 5165 Gulden das Anwesen. Das Gebäude selbst ist jedoch noch weitaus älter, soll bereits im 13. Jahrhundert als unverlehnter Eigenhof genannt sein. Später wurde er Sitz der Bacharacher Gerichtsbarkeit mit „Stock“ für Diebe, Bettler sowie Friedensstörer und „Käfigen“ für die „Bekümmerten“, die für ihre großen oder kleinen Schulden weit und breit keinen Bürgen mehr fanden.
Über Ritter Henne Hunne und dessen Nachkommen kam das Haus schließlich zur Familie Obentraut, die den Steeger Bürger Hans Geil zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges als Verwalter einsetzte. Ihm und dem sich verändernden Sprachgebrauch verdankt das Haus seinen Namen: Aus dem „Geilenhof“ wurde der „Geelehof“, schließlich hochdeutsch der „Gelbe Hof“. Zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen kurkölnischen und kurpfälzischen Herren und Umbenennungen spielten für den Volksmund keine bedeutende Rolle mehr. Der Begriff „Sickinger Hof“, der sich aus einem Vertragsschwindel ergab, konnte sich für das Haus jedenfalls nicht durchsetzen.
Heiner Mades nun fand in Annalen der eigenen Hausunterlagen heraus, dass im Jahr 1823 die Brunnennachbarschaft „Holzmarkt“ gegründet wurde, die er nach dem Fund neu gründete. Er selbst wurde erster Brunnenmeister, legte das Amt aber schnell wieder ab, „weil der Kunde vorgeht“, wie er als der „Gele“, Inhaber und Küchenchef im eigenen Hotel und Restaurant schnell erkannt hatte. Damals hatte er erreicht, dass sich der Holzmarkt wieder zum Kommunikationszentrum der Bacharacher entwickelte.
Ende der 1970er Jahre wurde der Gelbe Hof aufwendig erweitert und modernisiert. Eine anheimelnd-rustikale Hotelhalle und ein Aufzug, eine rustikale „Bacchusstube“ mit zentralem, offenem Kamin, ein Tanzsaal mit Deckenspiel und Polsterbestuhlung sowie einer angeschlossenen Romantica-Bar für rund 150 Gäste, außerdem die Erhöhung der Bettenanzahl im Hotel von 40 auf 60 Einheiten. Das Hotel war gerüstet, alle Zimmer hatten Dusche, Toilette und Telefon. Gepflegt essen und trinken, behaglich wohnen und rheinische Stimmung. Das waren die Schlagworte, mit denen der Gelbe Hof im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts punktete.
Wenn Heiner Mades an das Haus denkt, kommen ihm auch noch andere Ereignisse in den Sinn, die er aus den Unterlagen und von früheren Erzählungen kennt. Ende des 19. Jahrhunderts etwa war hier die Mautstelle, als die Straße durch das Steeger Tal nach Rheinböllen gebaut wurde. Hier war die Basisstation für viele Teams bei den Bergrennen, die entweder 1903 oder 1907 ab der zweiten Kurve hinter Steeg hoch Richtung Hunsrück gestartet wurden. Im Jahr 2004 war für ihn dann Schluss, war der Verkauf beschlossen, ziemlich genau 276 Jahre nach dem ersten, von den Urahnen geschlossenen Pachtvertrag.