Montagsangebot zum Winzerfest kann in diesem Jahr nicht an Erfolge der Vorjahre anknüpfen.
Von Christine Tscherner
Adi Huber (v.l.), Stefan Hochthurn, Matthias Schmidt (Alte Wache), Josef Bungert und Gert Reis vom Weinsenat präsentieren Leckeres auf dem Teller und im Glas.
(Foto: Christine Tscherner)
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BINGEN - Handkäs und Blutwurst: Deftig geht es zu bei einer Winzervesper. Zum sechsten Mal traten Speisemarkt-Winzer mit dem Konzept einer urigen Straußwirtschaft unterm Zeltdach an. Doch was in den Vorjahren bis zu 150 Gäste lockte, meist jedoch um die 100, fand diesmal nur 53 Fans. Muss eine andere Idee als Montagstipp her?
Während Paartänzer an der Julia den Abend mit einem Tänzchen starten und „Beat Mission“ auf dem Neffplatz eine jüngere Zielgruppe aufwärmt, geht es am Speisemarkt gemütlich zu. Weinconsul Gert Reis lässt die Winzer zu Wort kommen: Adi Huber aus Dromersheim mit seinem Elf-Hektar-Betrieb, Josef Bungert mit seiner Straußwirtschaft als Spezialität und Stefan Hochthurn vom Weingut Werner Hochthurn mit Tradition bis ins Jahr 1407.
Die zwei Dromersheimer und der Kempter bespielen nach dem Rotationsprinzip diesmal den Platz. Sie haben ein Erfolgsmodell aus dem Jahr 2014 übernommen: Kollege Heribert Kastell gab den Startschuss. Ihm gelang mit seinen zwei Mitstreitern die Aufwertung einer der besucherärmeren Wochentage.
Das Spezialangebot sollte sich bewusst von einer edlen Weinprobe mit Dresscode und Mehrgang-Menü unterscheiden. Weingenuss inklusive Vesperteller, Sitzplatz und Erläuterungen zum Wein wurden zum Montagsprinzip. Die Alte Wache am Speisemarkt lieferte den Gastroteil.
Sogar ausgeweitet auf Suppe und Mousse als Nachtisch oder Carpaccio auf dem Teller kam der Montag schon daher. Doch diesmal fehlte der sogenannte Drive, das gewisse Etwas. Der Weingenuss zum deftigen Abendbrot kommt zudem mit 25 Euro nicht mehr als Schnäppchen daher.
„Vielleicht hätte man schon viel früher Karten für Geschenke und als Firmentreffen anbieten müssen“, überlegt Gert Reis. In manchen Jahren verkauften Weingüter ihre Vesper-Karten bereits zum Rochusfest, ging das Save-the-Date im Frühjahr schon als Newsletter an Weinkunden.
Mit den treuen Fans des Abends allein hat die Vesper jedenfalls keine Zukunft, obwohl das legere Konzept wie geschaffen für Weintouristen sein könnte. „Wir drei sind wahrscheinlich nicht die bekanntesten Winzer der Stadt“, überlegt Stefan Hochthurn. Seine Kundschaft lebt ganz überwiegend weit außerhalb des Binger Einzugsgebiets.
Einen körperreichen halbtrockenen Chardonnay hat er für die Vespergäste ausgewählt. Der Portugieser Weißherbst aus dem Bungert-Keller und Hubers Klassiker Riesling trocken ergänzen den Dreiklang nach dem Begrüßungsperlwein.
Nur ein paar Schritte weiter in der Fußgängerzone lockt die Blasmusik-Kapelle „Boom“ vom Mittelrheintal, sind Tische und Bänke voll besetzt. Die Metzgerei Brager tischt vor dem Citycenter Leberknödel und Sauerkraut auf. „Jeden Wochentag außer zum Brückenfest haben wir uns ein besonderes Essen überlegt“, sagt Metzgermeister Markus Brager.
Zusammen mit dem Azubi hat er 300 Knödel gerollt und wirkt mit der Resonanz hoch zufrieden. Konkurrenz der Rührigen, später Kartenvorverkauf, Preisgestaltung – wahrscheinlich spielen viele Punkte hinein, dass die Winzervesper diesmal schwächer als sonst besucht war.
Aber die Montagsbilanz zeigt: Ausruhen ist Rückschritt. Denn andere Weinbaugemeinden schlafen nicht. Ob in der Ingelheimer Hängematte schaukelnd bei „Burgberg under Vibes“, ob wandernd zu „Trullo in Flammen“ bei Flonheim oder durch Höfe schlendernd in Burg Layen – Weinerlebnis gibt’s rundum in breiter Vielfalt.
Bei reichhaltiger Auswahl in der Region wirkt das „Rheinhessen ausgezeichnet“-Lable des Klassikers Winzerfest wichtiger denn je.