Kerstin Woog-Wenglein mit Sohn Tim, OB Thomas Feser und Julia Berg mit Sohn Luis (v.l.) bei der Unterschriftenübergabe im Bürgermeisterzimmer. Foto: Tscherner
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BINGEN - „Ich werde Gesundheitsminister Hermann Gröhe persönlich anrufen.“ Oberbürgermeister Thomas Feser, CDU, nimmt die Unterschriften zur Rettung der Binger Geburtshilfe entgegen. 2880 Signaturen überreichen Kerstin Woog-Wenglein und Julia Berg dem Stadtchef. Knapp zwei Wochen liegt die Schließung des Kreißsaals zurück. Vorausgegangen waren Proteste vor dem Heilig-Geist-Hospital, Appelle und Petitionen von Eltern und Hebammen (die AZ berichtete).
Der Schlussstrich erfolgte geräuschfrei. Das letzte Binger Kind kam dort am 24. August zur Welt. Babybettchen auf Station 1 haben ausgedient. Weil von der Geburtshilfe allein kein Mediziner leben könne, verspricht Feser: „Wir werden prüfen, ob man einem Interessenten nicht zusätzlich Belegbetten im Krankenhaus anbieten kann.“
Er betont: „Die Schließung der Geburtshilfe ist kein wirtschaftliches Problem, hängt nicht an der kassenärztlichen Zulassung und ist auch für mich als Oberbürgermeister bitter.“ Im 100-Kilometer-Radius habe sich aber nach drei Jahren ernsthafter Suche schlichtweg kein bereitwilliger Arzt gefunden.
Die Sprecherinnen der Initiative wünschen sich politischen Einsatz. „Ja, wir wissen, dass die Schließung von Kreißsälen kein spezifisches Binger Problem darstellt.“ Auch gehe es ihnen nicht um die Diskreditierung der Geburtsstationen in Mainz oder Bad Kreuznach.
„Bingen bot ein Zwischending aus Hausgeburt und klinischer Geburt“, so Kerstin Woog-Wenglein. Mit der Petition solle ein Zeichen gesetzt werden.
Die Belegarzt-Nachfolge für die Geburtshilfe in ländlichen Regionen sei ein bundesweites Strukturproblem, das wissen Oberbürgermeister und Elterninitiative inzwischen. Feser will in einer Feierstunde im November dem langjährigen Geburtshelfer Dr. Martin Queck für seinen Einsatz danken. „Er hat über Jahre das System mit viel persönlichem Einsatz aufrechterhalten.“
Ende August hat der Binger Arzt seinen Geburtshilfeeinsatz beendet. Viel Herzblut hing daran und eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft. Für Kenner war die Schließung lange absehbar, weil schon die Suche nach einem Kollegen für Queck seit Jahren erfolglos verlaufen war.
Als Belegarzt bleibt der Mediziner weiter für gynäkologische Patientinnen zuständig und die Praxis offen. Nur das Arbeitsfeld Geburt gibt Queck auf. „Es geht um Vorsorge und Nachsorge und die Menschen, die in der Fläche wohnen“, will Feser dem Bundesgesundheitsminister verdeutlichen. Die immer mehr auf Zentren konzentrierte Gesundheitspolitik sei ein Trauerspiel.
„Wir übergeben die Unterschriften mit der Bitte, dass weiter nach einer Lösung gesucht wird“, gibt Kerstin Woog-Wenglein dem Oberbürgermeister mit auf den Weg.