BINGEN - Das Saison-Geschäft mit dem Christbaum läuft ab dem zweiten Advent auf Hochtouren. Am dritten Advent setzen Binger Förster seit Jahrzehnten auf Frischegarantie mit dem geschlagenen Baum aus dem Lauschhütten-Revier. Daran ändert sich auch in Zeiten des Klimawandels und des Borkenkäfers nichts.
Baumverkauf kommt dem Wald zugute
„Weihnachtsbaum-Verzicht nutzt krankem Walde nicht“, den Spruch des einstigen Binger Forstdirektors Müller hat Revierleiter Georg Kiefer noch aus den 80-er Jahren im Ohr. Damals prägte das Waldsterben und saurer Regen die Nachrichten. Darf ruhigen Gewissens noch ein Weihnachtsbaum im Wohnzimmer stehen? „Ja, er darf, denn Weihnachtsbäume werden ja eigens zu diesem Zweck angepflanzt“, sagt Kiefer. Konkret dient ein „Weihnachtsbaum-Acker“ unterhalb von Strommasten im Lauschhütten-Revier als Anbaufläche. Die Trasse darf ohnehin nicht zuwachsen. Für kurz gehaltene Bäume, die im Baby-Alter geerntet werden, bietet sich das Terrain also an.
Zwei Drittel aller Deutschen greifen laut Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zur Tanne. Nordmanntanne heißt der Favorit. Der eher teure Weihnachtsbaum trumpft mit schönem Wuchs, langer Haltbarkeit und wunderbarem Duft auf.
Christbäume reifen fast ausschließlich in Plantagen heran, hauptsächlich im Sauerland und im „Weihnachtsbaumland“ Dänemark. Aber auch im Binger Wald wachsen auf der Schneise Christbäume in eingezäunten Kulturen. „Käufer haben freie Auswahl zwischen 1,50 und 2,50 Meter hohen Bäumen“, sagt Kiefer.
Vom Parkplatz Lauschhütte aus ist es ein kurzer Spaziergang zur Anbaufläche. Geschlagene und ungeschlagene Bäume stehen am Sonntag dort parat. Revierleiter Kiefer bietet mit seinen Kollegen einen Shuttle-Service und Einnetzen an. „Niemand muss seinen Baum zum Auto schleppen.“
Frischer geht es nicht. „Die Weihnachtsbäume sind ohne Chemie und Düngung aufgewachsen“, wirbt der Fachmann. Der Verkauf startet am Sonntag um 9 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit. Wer mag, darf auch eigenhändig zur Bogensäge greifen und seinen Wunschbaum nach Hause tragen. Kiefer weiß: In vielen Familien haben solche Weihnachtsriten Kultstatus. „Deshalb legen wir auch Fuchsschwänze und Bügelsägen parat.“
Rund 15 Jahre bis zur Erntereife
Rund 15 Jahre braucht eine Tanne bis sie erntereife Zimmerhöhe erreicht. Rotfichten waren früher der Standardbaum in weihnachtlichen Wohnstuben, Tendenz stark abnehmend. Der Stachelbaum hat ausgedient.
Rund 28 Millionen Bäumchen kaufen die Deutschen Jahr für Jahr. Klassisches Ende einer Christbaum-Karriere ist der Dreikönigstag. Bis dahin sollte ein frisch geschlagener Baum ohne massiven Nadelverlust durchhalten. Der kurze Lieferweg aus dem Binger Wald ist ein Garant für Haltbarkeit. „Und die Einnahmen kommen unmittelbar dem Wald zugute“, betont Kiefer.
Was er sich für einen Winter für sein Revier wünscht? „Schneereich und danach ein kühl-feuchtes Frühjahr“, sagt der Fachmann. Was Rheumatiker mit Schaudern hören, sagt der Waldexperte mit Blick auf Borkenkäferplagen. „Die Trockenheit vergangener Sommer hat die Bäume extrem angreifbar gemacht für Schädlinge. Feuchtigkeit stärkt die Abwehrkräfte.“ Und je länger das Frühjahr nicht über 17 Grad warm wird, umso schlechter für Borkenkäfer.