Seit vier Jahren ist die 43-Jährige im Amt. Sie hat alle Hände voll zu tun. Umweltbildung an den Binger Schulen sei bislang zu kurz gekommen, moniert sie.
Von Christine Tscherner
Ursula Vierhuis, Klimaschutzmanagerin, auf dem Dach der Dietersheimer Stadtwerke.
(Foto: Christine Tscherner)
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BINGEN - Seit gut vier Jahren hat Bingen eine Klimaschutzmanagerin. Ursula Vierhuis, 43, stammt aus dem Ruhrgebiet, ist Fachfrau für Energiefragen und ehrenamtlich für Greenpeace aktiv. Was eine Stadt wie Bingen konkret für den Klimaschutz tun kann? Die AZ fragte bei der Diplom-Ingenieurin für Umweltschutz nach.
Ihr Spezialgebiet war bei Jobantritt eigentlich die Umweltbildung. „An die Binger Schulen gehen, das kam bislang etwas zu kurz“, sagt sie selbstkritisch. Hauptgrund: In die Vorbereitung großer Bauprojekte wie dem Kulturquartier floss viel Arbeitszeit. Die Bauüberwachung für das Blockheizkraftwerk der Innenstadtvernetzung verschlingt viele Wochenstunden, ist aber auch ein Beispiel für aktiven Klimaschutz der Stadt.
Der Auftrag ihres grünen Dezernenten ist klar: Förderung von Fotovoltaik soll mit Marktanreiz vorangetrieben werden. „Nach den Sommerferien wird es eine Infoveranstaltung zum Themenfeld Elektroauto, Stromspeicherung und Solarenergie geben“, sagt Ursula Vierhuis. Möglichkeiten von Fassadenmodulen seien noch zu wenig im Blick. „Wir denken auch über eine Förderung nach, wenn Binger sich von Energieberatern der Verbraucherzentrale beraten lassen.“ Zweimal pro Monat sind die Experten in der Stadt.
Bingen übernimmt bereits die Kosten für den Einsatz von Umweltpädagogen an Grundschulen. „Das Stadtradeln hat sich inzwischen etabliert“, zählt Vierhuis weiter auf. Die Rad-Aktion soll den Blick auf Alternativen zur Auto-Mobilität lenken.
Die Stadtwerke bieten Ursula Vierhuis Platz, der Bund fördert, Jens Voll (Grüne) als Dezernent gibt politische Rückendeckung. „Mit der Kommunalwahl hat sich die politische Landschaft in Bingen geändert“, weiß Vierhuis. Mehr Fokus auf ihr Fachgebiet gilt als sicher.
Seit dem Examen gehören regenerative Energien und Klimaschutz zu ihren Lieblingsthemen. Allerdings wird die Stelle immer nur befristet verlängert, derzeit bis Mai 2022. Dabei ist langer Atem eine zentrale Erkenntnis ihres Jobs. „Viele Binger verstehen nicht, dass die Mobilitätsstationen ohne das politische Okay der Ratsmehrheit nicht umgesetzt werden konnten.“ Viel Hirnschmalz floss in die Verknüpfung von Radverkehr, Mietwagen, Bus und Bahn. Vergebens.
Das Augenrollen zum batteriebetriebenen Stadtbus teilt die Klimaschutzmanagerin nicht. „Natürlich sind alle unglücklich über die Verzögerung.“ Sie kennt die Zeitfresser bis ins Detail, die Achse mit Zwillingsbereifung, den Test der Klimaanlage. „Ich persönlich habe mit dem Elektrobus ganz viel über die Technik gelernt.“
Frisch könne am Büdesheimer TH-Campus ein E-Carsharing genutzt werden. Am Ämterhaus in der Stadt und an der Tourist-Information sollen Ladestationen gebaut werden; seit September bietet die Aral-Tankstelle am McDonalds im Gewerbegebiet Schnelllader an. Vorhandene Stromtankstellen am Palais werden inzwischen auch immer öfter einmal genutzt.
Bingen ist kein Vorreiter. Viele Kommunen ringsum hatten schneller Klimaschutzmanager. Das Ziel: Bürger sollen sensibel werden zum persönlichen Energieverbrauch. Denn die Experten können nur Motivatoren sein, auf Förderung und Beratung hinweisen, Alternativen aufzeigen. Private Haushalte erreichen, erst das bringt nämlich große Schritte beim Klimaschutz voran. „Denn der Verbrauch der städtischen Liegenschaften oder von Gewerbe macht nicht den Hauptteil aus.“ Die Bevölkerung muss also mit ins Boot, um Klimakiller nachhaltig im Zaum zu halten. Das ist der Knackpunkt.
Was die Stadt längst aufs Gleis gebracht hat, sind energetisch sanierte Gebäude wie Schulen, Rundsporthalle oder Fotovoltaik auf städtische Immobilien. „Aber Bingen könnte auch Solarenergie für Neubaugebiete festlegen.“
Wo sie selbst zum Energiesparer wird? „Mit einem Paar Socken gegen Kälte und einer Markise gegen Hitze ist manchmal mehr erreicht, als mit ganz viel teurer Technik.“ Schottland ohne Flugzeug war ihr Urlaubsprojekt im Sommer. „Klappt wunderbar.“