Doris Herzberg ist Mitglied des Arbeitskreises Jüdisches Bingen und wurde zum 9. November eingeladen. Die 92-jährige Zeitzeugin antwortete mit einer berührenden E-Mail aus Chile.
BINGEN - (red). Doris Herzberg, geborene Brück, ist in Bingen geboren und war Schülerin der Hildegardisschule, die sie ab 1935 als Jüdin nicht mehr besuchen durfte. Die heute 92-Jährige ist Mitglied des Arbeitskreises Jüdisches Bingen (AKJB) und erhielt deshalb auch das Rundschreiben des AKJB, mit dem zur Gedenkfeier am 9. November an der ehemaligen Binger Synagoge eingeladen wurde. Dank des Internets ist Doris Herzberg stets über die Aktivitäten des AKJB informiert. Im Juli vergangenen Jahres besuchte sie mit ihren drei Töchtern Europa und dabei auch ihre Geburtsstadt Bingen (die AZ berichtete).
In einer E-Mail an den Vorsitzenden des AKJB schrieb sie jetzt: „Vielen Dank für Ihre nette Einladung. Ich kann mich noch sehr gut an den 9. November erinnern. Wir kamen von einem Ausflug zurück und unsere Lehrerin war sehr nervös.“ Damit sei ihre Schulbildung beendet gewesen. „Mir hat man meine Jugendjahre und Ausbildung gestohlen. Aber ich habe alles überlebt und auch das Lager in Frankreich“, berichtet Doris Herzberg weiter. 1945 sei sie die erste „Deutsche“ gewesen, die auswandern wollte, aber da sei sie wieder einmal als Feindin angesehen worden, diesmals von den Franzosen. „Es dauerte drei Monate, bis ich nach Chile auswandern durfte.“ Sie habe damals nur Französisch sprechen können und es sei ihr sehr schwer gefallen, sich mit ihren Eltern nach so vielen Jahren zu verständigen.
Doris Herzberg schreibt in der E-Mail weiter, dass es ihr heute sehr gut gehe. „Ich habe drei wunderbare Töchter, sieben Enkel und neun Urenkel. Hier in Cuenavaca ist ewiger Frühling, das Klima ist wunderbar. Habe viele neue Freunde, Mexicaner. Es sind sehr freundliche Menschen und gar nicht kompliziert. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Einladung und bewundere Sie und alle Ihre Mitarbeiter. Vielen Dank und herzliche Grüße aus Mexico.”
„Es ist bemerkenswert und zugleich bewundernswert, wie sich Frau Herzberg – trotz all des Schlimmen, das sie ertragen musste – nach wie vor mit Bingen verbunden fühlt. Wir wünschen ihr aus Bingen alles erdenklich Gute“, so der Vorsitzende des AKJB, Hermann-Josef Gundlach.