Tourismusabgabe ist in Bingen an CDU, FDP und FWG gescheitert
Von Erich Michael Lang
Reporter Rheinhessen
Ein postalischer Gruß aus Bingen mit dem Mäuseturm und dem Haferkasten im Vordergrund. Das Marketing ist so alt wie das touristische Bingen, aber beteiligen wird sich die Wirtschaft nun nicht. Der städtische Haushalt allein wird weiter den Tourismus finanzieren. Foto: Sammlung Seyler
( Foto: Sammlung Seyler)
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BINGEN - Eine Tourismusabgabe für Bingen ist Geschichte. Der Haupt- und Finanzausschuss stimmte mit der Mehrheit aus CDU, FDP und FWG dafür, alles weitere Elaborieren an einer entsprechenden Satzung zu unterlassen; ja, auch allen weiteren Spiel- und Abarten von Versuchen, diejenigen, die am touristischen Geschäft in der Stadt mitverdienen, zur Kasse zu bitten, wurde eine Absage erteilt – einschließlich einer Neuauflage der Bettensteuer.
Kehrtwende lässt das Gebälk krachen
Damit setzte sich die CDU-Fraktion durch, die tags zuvor in einer überraschenden Kehrtwende angekündigt hatte, nach jahrelangen, fruchtlosen Diskussionen um touristische Abgaben, Beiträge oder Steuern politisch den Bettel hinwerfen zu wollen (wir berichteten). Und das dann auch ziemlich rücksichtslos, zumindest rücksichtslos mit Blick auf den grünen Koalitionspartner, der erst am Vorabend in Kenntnis gesetzt worden war. Das ohnehin angeknackste Gebälk im schwarz-grünen Gemeinschaftshaus krachte nun hörbar.
Die Grünen mit einem Rest von Koalitionsdisziplin enthielten sich bei der Abstimmung. Aber Fraktionssprecher Roland Böse machte aus seiner Verärgerung kein Geheimnis. „Wir hätten mit der CDU gerne diese Diskussion geführt.“ In einer Pressemitteilung der Grünen vom gleichen Tag klingt alles noch ungleich schärfer: „Das dem Koalitionspartner von uns entgegengebrachte Vertrauen ist tief erschüttert worden.“ Böse machte geltend, dass derzeit keine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage vorliege, um Ja oder Nein zur Tourismusabgabe sagen zu können. Es hätte der Satzungsentwurf der Verwaltung abgewartet werden müssen. „Wir waren auf der Zielgeraden“, so Böse. Auch hätten kommunale Spitzenverbände befragt werden müssen. Nun frage er sich, wo das zusätzliche Geld für den Tourismus herkommen solle, das der Oberbürgermeister bereits im Zusammenhang mit der Gründung einer Tourismus GmbH in Aussicht gestellt hat.
BUGA UND DIE FINANZEN
Der Haupt- und Finanzausschuss erteilte Oberbürgermeister Thomas Feser ein Mandat, den festgesetzten Beitrag Bingens zu einer Bundesgartenschau (BUGA) 2031 nachzuverhandeln. Nach den Berechnungen des Zweckverbandes Oberes Mittelrheintal soll Bingen rund 1,5 Millionen Euro zahlen. Das Mandat lautet nun auf eine Summe „bis eine Million Euro“, auf die sich die Verhandlungspartner verständigen sollten. Dabei wurde reihum die grundsätzliche Unterstützung für die BUGA signalisiert. Kritisiert wurde aber die Berechnungsgrundlage des Binger Beitrags, der unverhältnismäßig hoch auch im Vergleich zur Stadt Koblenz sei (Bericht folgt).
„Wir haben deutlich gesagt, wo wir hinwollen“, meinte CDU-Fraktionschef Michael Stein unbeirrt und sprach von der geplanten Abgabe gerade im Hinblick auf die Neuordnung des Binger Tourismus als „unnötigen Ballast“. Außerdem müsse Bingen nicht immer den Vorreiter machen. Mit Hinweis auf die gescheiterte Bettensteuer sagte Stein: „Wir müssen nicht für alle anderen den Kopf hinhalten und uns dann die Haare waschen lassen.“
SPD-Fraktionsvorsitzender Michael Hüttner argumentierte genau andersherum. In drei Jahren habe die Verwaltung keine Satzung hinbekommen. Doch die Abgabe sei begründbar, auch wenn es „die eine oder andere Holprigkeit“ gebe. Das Ganze im jetzigen Stadium zu kippen sei das falsche Signal, denn den Gegnern werde bedeutet, man müsse sich nur lange genug wehren, dann knicke die Politik ein. Die Abgabe sei eine Chance, gerade für die neue Spitze im Tourismusbereich. Es gehe um rund 200 000 Euro, mit denen sich etwas gestalten lasse. „Wir geben die Chance aus der Hand, Geld einzunehmen.“
Peter Eich (FDP) hatte zuvor hingegen der Union „volle Unterstützung“ zugesagt. Die Freidemokraten hatten, um das aus ihrer Sicht Schlimmste abzuwenden, einen Antrag gestellt, es dann doch lieber wieder mit einer modifizierten Bettensteuer zu probieren. Durch den Vorstoß der CDU zog die FDP nun ihren Antrag zurück. „Das Bild hat sich gewandelt“, so Eich.
Und weil wohl allen im Grunde klar war, worauf alles hinauslaufen würde, wurde diese vorerst wohl letzte Debatte um einen Beitrag oder eine Abgabe im Tourismus nicht mit der äußersten Leidenschaft geführt. Auch Dr. Till Müller-Heidelberg (SPD) konnte den Disput nicht wirklich mehr anstacheln, als er bemerkte, nun müssten dann die „normalen Bürger“ über den allgemeinen Haushalt den Tourismus in Bingen komplett finanzieren. Ein bisschen sah sich noch Wolfgang von Stramberg (FWG) zu einem Konter herausgefordert und mahnte die Runde, die Tourismusabgabe belaste nur das heimische Handwerk; Betriebe, die von außerhalb nach Bingen lieferten, würden nicht belastet.
Das war’s aber dann auch so ziemlich mit dem nachplätschernden Für und Wider. CDU, FDP und FWG stimmten dafür, die Tourismusabgabe und alle ähnlichen Bemühungen um Einnahmen zu stoppen. Die SPD stimmte dagegen. Die beiden Grünen-Vertreter enthielten sich.