Autor Eugen Ruge eröffnet die Reihe „Bingen liest ein Buch“ mit seinem Generationenroman aus der DDR.
Von Sören Heim
Eugen Ruge stellte seinen Roman im Ida-Dehmel-Saal vor.
(Foto: Heim)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
BINGEN - Eugen Ruges Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ erzählt das Leben von insgesamt vier Generationen und davon, wie die 41 Jahre der DDR, die im Zentrum des Romans stehen, diese Leben beeinflusst hat. Die Urgroßeltern sind überzeugte Kommunisten, die gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben, die Großeltern Reformer, aber immer noch an sich vom System überzeugt, die nächst jüngere Generation fremdelnd damit und das jüngste Kind hat eine Neigung, durch rechte Symbole provozieren zu wollen – der Roman, der im Zentrum der diesjährigen Lesereihe „Bingen liest ein Buch“ steht, ist noch mehr als ein politischer Roman ein Generationenroman voller Konflikte, in denen die Politik aber natürlich fast immer eine Rolle spielt. Am Freitag war der Autor selbst in Bingen zu Gast, um das ursprünglich 2011 erschienene Buch dem Publikum vorzustellen.
Über 50 Lesebegeisterte haben den Weg in den Ida-Dehmel-Saal gefunden, um Ruge zu lauschen. Es ist die dritte Auflage der beliebten Veranstaltungsreihe, die sich jeweils mit thematischen Veranstaltungen um ein einzelnes Buch gruppiert. Zum ersten Mal fand die Autorenlesung diesmal direkt zum Auftakt statt. So hofften die Veranstalter, auch spontan noch viele neue Teilnehmer begeistern zu können. Die Stadtbibliothek hält laut Aussage von Leiterin Satu Bode insgesamt sieben Exemplare des Buches vor, die in den beiden Monaten vor der Auftaktlesung eigentlich durchgehend von wechselnden Kunden ausgeliehen worden seien. Anlass der Wahl von „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ ist das 30-jährige Jubiläum des Mauerfalls.
Auf ein so gut vorbereitetes Publikum trifft ein Autor eher selten: Auf die Frage, wer das Buch nicht gelesen habe, gehen im Saal nur zwei Hände in die Höhe. „Toll, da muss ich ja die Zusammenhänge gar nicht erklären“, sagt Ruge. Der Autor liest zuerst eine Passage vom Geburtstag des 90-jährigen Wilhelm, auf dem kurz vor dem Zusammenbruch der DDR Familie und Parteigenossen zusammenkommen, nicht wissend, was der Leser weiß: Dieses System ist praktisch am Ende. Sie sei überrascht gewesen, wie humorvoll der Autor gelesen habe, wundert sich eine Zuhörerin später im Gespräch. Sie habe das Buch als eher tragisch empfunden. Er sehe beides darin, so Ruge, eine dreifache Geschichte des Verfalls: einer Idee, eines Staates, einer Familie. Aber eben auch eine Geschichte voller komischer Situationen. Das arbeitete die Lesung tatsächlich deutlich heraus, es wurde häufig gelacht im Ida-Dehmel-Saal. Sehr interessiert zeigte das Publikum sich auch an biografischen Zusammenhängen: Wie viel von der Erzählung habe denn nun reale Vorbilder? Der Roman sei einerseits sehr nah an der Geschichte seiner Familie, erklärte der Autor, andererseits aber auch nicht. Schon aus praktischen Gründen: „Die Generation von Wilhelm und Charlotte hat auch in der DDR wenig über die Vergangenheit erzählt.“ Wer Interesse an der realen Grundlage der Geschichte der Verbannung der Söhne nach Sibirien habe, könne dazu das Buch seines Vaters „Gelobtes Land: Meine Jahre in Stalins Sowjetunion“ lesen, empfahl Ruge weiter. Das sei im Gegensatz zu „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ kein Roman, sondern der Versuch einer möglichst genauen biografischen Wiedergabe des Geschehens.
An die Diskussion schloss sich noch eine weitere kurze Lesepassage an, im Anschluss signierte der Autor zahlreiche Bücher. „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ ist auch im Binger Buchhandel erhältlich. Am Freitag, 15. März, 19.30 Uhr, geht „Bingen liest ein Buch“ weiter. Dann zeigt KiKuBi die Verfilmung von „In Zeiten des abnehmenden Lichts“.