Sören Rausch ist das jüngste Mitglied im Binger Stadtrat
Der Sozialdemokrat aus Gaulsheim freut sich, dass sein engagierter Wahlkampf ihm letztlich den Erfolg beschert hat.
Von Christine Tscherner
Jüngstes Stadtratsmitglied und Nachrücker für die SPD: Sören Rausch.
(Foto: Christine Tscherner)
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GAULSHEIM - Ein Gaulsheimer Youngster gibt Gas: Sören Rausch hat die Politik für sich entdeckt. Der 20-Jährige rückt für den SPD-Dezernenten nach in die Binger Ratsrunde, sitzt in sieben Ausschüssen und zeigt sich in seinem WhatsApp-Profil neben Landeschefin Malu Dreyer. Bei der Kommunalwahl ließ Rausch gestandene Sozialdemokraten hinter sich und scheute nicht vor Basisarbeit beim Haustür-Wahlkampf zurück. Was ist das für ein junger Mann, der so ackert für ein Mandat seiner Heimatstadt? Und woher kommt die große Lust aufs politische Ehrenamt? Ein Treffen.
Das Winzerfest 2019 fühlte sich für Sören Rausch anders an als in den Jahren zuvor. „Ich war nicht mehr der Sohn oder Enkel von wem, sondern der junge Mann aus der Kommunalpolitik.“ Welche Partei, das wüssten die allermeisten nicht einmal. „Aber dass ich mich an Haustüren persönlich vorgestellt habe, das kam quer durch die Parteireihen gut an.“ Rund 1500 Hausbesuche hat er zusammengezählt. Klinkenputzen gehört zum Kerngeschäft als Lokalpolitiker.
„Nach dem Abi habe ich richtig viel Zeit in den Wahlkampf gesteckt.“ Und es hat sich gelohnt. Die Binger wählten den Neueinsteiger von seinem eher aussichtslosen Listenplatz um sechs Plätze nach vorn. „Mit einem so starken Ergebnis hätte ich nie gerechnet, wirklich.“ Denn so manch sozialdemokratisches Urgestein musste sich hinter dem Newcomer einreihen.
Dank des Binger SPD-Ergebnisses gegen den Bundestrend und der neuen Koalition mit sozialdemokratischer Mehrheit rückte Ratsmitglied Sebastian Hamann (SPD) in die Führungsriege der Stadt auf. Hamanns freier Platz gehört dem Nächstplatzierten seiner Partei. So schaffte es Sören Rausch als Nachrücker von Null ins Stadtgremium.
„Für mich ist das alles Neuland, aber ein total spannendes.“ Gerade kam er von drei Wochen Kuba-Urlaub zurück, bereits sein zweiter Besuch im Inselstaat. Ein Sozialismus-Test? „Nein, gar nicht. Aber das Land gefällt mir, die Politik sehe ich dort als gescheitert.“ Sören Rausch hat im Frühjahr am SGG sein Abitur absolviert. Sozialkunde war sein Leistungskurs. „Politikinteressiert war ich schon immer.“ Sein verstorbener Opa saß ebenfalls im Binger Stadtrat – für die CDU. Inzwischen ist Sören daheim derjenige, der politische Themen als Tischgespräch einbringt. „Meine Eltern unterstützen mich“, weiß der Ratsmann um den Rückhalt in seiner Familie.
Schwarz ist allenfalls Sörens Gürtel im Teakwondo. Ansonsten hat ihn eher der Gaulsheimer Sozialdemokrat Rouven Winter geprägt. „Ich habe großen Respekt, wie er Themen aus der Bevölkerung in den Rat bringt.“ Aus Respekt wurde Tun. „Inhaltlich passe ich einfach besser zur SPD“, sagt er.
Das Interesse kam mit 16 Jahren, vor zwei Jahren wurde Sören Rausch aktiv. Was er in seinem ersten Wahlkampf wahrgenommen hat? „Die Binger wollen Veränderung.“ Aus Gesprächen mit Innenstadt-Bewohnern hörte er klar heraus, dass Parkplätze ihnen wichtiger sind als der Tunnel zum Rhein-Nahe-Eck. „Deshalb bin ich ein Gegner dieser Rampe.“ Feuerwehren aus Gaulsheim und Kempten erreichten das NH-Hotel auch weiter über die Brücke an der Autofähre.
Mit Bruder und Eltern teilt sich Sören Rausch das Haus, er wird auch beim Studienstart im Oktober weiter in Gaulsheim wohnen. Pendeln nach Mainz für sein Lehramtsstudium will er mit der Bahn. „Binger Bahnhöfe bieten auch ohne Auto Möglichkeiten, auf die andere Gemeinden neidisch wären.“
Drei Themen hat der junge Sozialdemokrat ganz oben auf seine Liste gesetzt: Umweltschutz vor Ort, der Tierschutz und Natur ins Zentrum rückt. Mehr Mobilisierung der Jugend für Kommunalpolitik. Und Wohnraum, der bezahlbar ist. „Ich finde Bingen mit seinen starken Ortsgemeinschaften, dem Freizeitwert, den Schulen, Kindergärten und vielen Festen unglaublich attraktiv. Und nicht nur ich.“
Er weiß, dass Wohnungen unter der Hand an Bekannte weggehen, der Mietmarkt leergefegt ist und vor allem günstige Angebote fehlen. Deshalb engagiert sich Sören Rausch außer im Jugend- und Personalausschuss auch im Bau- und Planungsausschuss. In insgesamt sieben Gremien der Stadt ist er Mitglied geworden. Viele Abendtermine mit Sitzungen und Diskussion stehen dem Neuling also bevor.
Dazu spielt er Horn, gleicht das viele Sitzen im Fitnessstudio aus, entspannt beim Dart und geht mittwochs in der Kempter Pfarrscheune zum Tanzkurs. Was er sich politisch vorgenommen hat? „Den Bürger hören, ganz einfach. Denn dafür sind wir doch gewählt.“