Haupt- und Finanzausschuss erörtert die Nutzung des Dienstwagens von Binger Oberbürgermeister Thomas Feser und seiner Vorgänger.
BINGEN - Die Stadtjustiziarin ist im Haupt- und Finanzausschuss richtig gefordert. „Ja, auch heute werden noch Privatfahrten mit dem OB-Dienstwagen durchgeführt“, informiert Angelika Middelmann. „Nur sind sie jetzt entgeltlich.“ Der Rechnungshofbericht hatte für schneidende Kritik an Verwaltungschef Thomas Feser (CDU) und juristischen Wirbel gesorgt. Rechtsbruch warfen Grüne und SPD dem Mann im Chefsessel vor (die AZ berichtete).
Der Antrag zur Akteneinsicht erhielt mit neuen Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat den Segen. Wie weit es damit ist? SPD und Grüne haken im Ausschuss nach. „Die Anhörung wegen Schadenersatz zur Stellplatz-Ablöse gegen den OB läuft“, informiert die Juristin. Für Einsicht in die Akten zu Fesers RWE-Fahrten könne gern ein Termin ausgemacht werden.
Über die Hälfte der Kritikpunkte im Rechnungshofbericht seien bereits abgearbeitet. Seit Jahrzehnten ist der OB-Wagen ohne Fahrtenbuch unterwegs; auch schon vor Fesers Zeit war die laxe Handhabe anscheinend Usus. „Durch den Anstoß des Rechnungshofs werden wir das Thema jetzt auf ordnungsgemäße Füße stellen“, verspricht Middelmann.
Ein Fragen-Stakkato von Grünen-Sprecher Roland Böse folgt. Für Michael Stein als CDU-Fraktionsvorsitzender ist das Bohren klares Indiz „für den Versuch, Verfehlungen zu unterstellen und Verhalten zu skandalisieren.“
Bei der Standplatzabgabe gehe es sehr wohl „um bewusste Entscheidungen des OB, nicht um ein In-den-Krümeln-wühlen“, stellt SPD-Fraktionschef Philipp Staudinger klar.
Ursula Hartmann-Graham (Grüne) schlägt versöhnliche Töne an: Jeder müsse sich an Regeln halten, auch die Stadtspitze. „Aber für mich ist es jetzt mit einer Neuregelung okay.“ Die Reue-Kur reicht, die Privatfahrten-Regel für OB Feser soll rückwirkend für dieses Jahr greifen.
Sich über Hinweise aus der eigenen Verwaltung und das Gesetz hinwegsetzen, das ist der Tenor der Vorwürfe an den Mann im Binger Chefsessel. Konkret geht es um die Nutzung des Dienstautos für Fahrten zur RWE-Gesellschafterversammlung samt mehrstündigem Fahrereinsatz. Es geht um Belege bei der Nutzung der städtischen Kreditkarte, Verstöße gegen die Gemeindeordnung und eine erlassene Stellplatzabgabe für den Investor des Studentenwohnheims. Ihre Kritik am Oberbürgermeister sah die Ampelkoalition durch den Landesrechnungshof bestätigt. Grüne und SPD drücken aufs Tempo bei der Umsetzung des mehrheitlichen Ratsbeschlusses: Alles aufs Tapet, alles öffentlich und am liebsten im Internet für jeden Binger einsehbar.
Außerdem im Ausschuss: Einstimmig ging der SPD-Antrag durch, die Richtlinien beim Fraktionsgeld noch einmal zu beraten. „Die meisten Punkte sind ja völlig selbstverständlich“, so Staudinger. Aber zu Details der ausführlichen Liste brauche es Klärung.
Die „Verwendung von Zuwendungen für die Aufwendungen der Fraktionen“ listet ellenlang auf, was geht und was nicht. Kränze für verstorbene Fraktionskollegen? Ja. Was ist mit Trinkgeldern und Weihnachtsfeiern? Natürlich nicht.
Als „schlechten Treppenwitz“, empfindet Wolfgang von Stramberg (FWG) die Vorlage. Es gehe um rund 10 000 Euro pro Jahr. Gemessen an den wirklich großen Haushaltsposten, sei „immens viel Energie in die Richtlinie geflossen“.