Die Dreikönigs-Kirche in Kempten braucht Hilfe. Dach, Gebälk, Orgel, Wände – alles reparaturbedürftig. Das Lichterfest auf der Pafrrwiese soll wachrütteln.
KEMPTEN - Lichtschein auf der Pfarrwiese verknüpfen die Kempter für gewöhnlich mit Laternenmarsch und großem Abschlussfeuer. Nein, das Lichterfest mit knapp 2000 Kerzen, mit Kindertanz, Gitarrenklang, Würstchengrill, Weinständen und Andacht wollte vor allem eines: wachrütteln. Denn die Dreikönigs-Kirche braucht dringend Hilfe. Dach, Gebälk, Orgel, Wände – alles reparaturbedürftig. Nicht auf den ersten Blick, da wirkt das große gelbe Gotteshaus noch ziemlich imponierend. Aber Experten wie Gemeindeverwalter Heinz Schulz können eine ganze Liste von Wasserschäden bis zu maroden Orgelteilen aufzählen. Eine halbe Million Euro nur für die Kirchensanierung plus eine Viertelmillion für den katholischen Kindergarten – eine stolze Summe.
„Das Lichterfest soll ein Anfang sein, ein Startsignal“, sagt Schulz. Er zeigt auf die bunten Windlichter entlang des Wiesenwegs. Freiwillige haben vorab beim Haus-zu-Haus-Verkauf in Kempten die Lichter verteilt. 1930 Stück brannten. Dazu kamen Weinspenden der Winzer, die Unterstützung der Ortsvereine und der Stadt. Oberbürgermeister Thomas Feser (CDU) als Fest-Schirmherr kündigte an: Seine traditionellen Weihnachtskarten sollen diesmal die Kempter Kirche als Motiv haben.
Glocken läuten, Kinder tanzen. Ein Gitarrist untermalt das Fest mit spanischen Liedern. Die Kirchenmauern sind farbig angestrahlt. Konkret geht es beim Fest um frische Innenfarbe und helleren Look für den ältesten Kirchenteil, die Tauf- und Hochzeitskirche. „25 000 Euro ergab der Kostenvoranschlag“, sagt Schulz. Der Lichtabend sollte zehn Prozent einspielen. „Dieses Finanzziel haben wir nahezu erreicht“, klingt Schulz nach Kassensturz und Stadtzuschuss zufrieden. „500 Gäste und davon auch einige aus anderen Stadtteilen, das war ein prima Auftakt.“ Weitere Ideen für 2019 sind in der Pipeline. „Ausstellungen, Konzerte oder Musikschulen sollen den großen Kirchenraum nutzen.“ Für normale Gottesdienste reicht der alte und kleinere Gebäudeteil völlig aus. Der größere lässt sich für weltliche Zwecke öffnen, abteilen mit Glaswänden. Denn die Dreikönigskirche wirkt gemessen an der Zahl der üblichen Gottesdienstbesucher völlig überdimensioniert. Einmal wöchentlich 20 Besucher? Das rechtfertigt den Erhalt in gewohnter Form nicht.
Das denkmalgeschützte Gebäude hat ohne Neuausrichtung keine Zukunft. „Wir wollen eine Kulturkirche als Marke aufbauen“, so Schulz. Für eine dauerhafte Nutzung des Kempter Wahrzeichens brauche es ein Management, Kontakte zu Agenturen. Die Gründung eines Kirchenbauvereins am 25. Oktober soll Ideen auf die Spur setzen. „Nach dem erfolgreichen Start vor der Kirche müssen wir jetzt die Menschen hinein ins Gebäude bringen“, so Schulz. Eine Grundsatz-Debatte wurde in der Gemeinde bereits zum Jahresbeginn angestoßen (die AZ berichtete). Das Bistum will am Immobilienbesitz mitsamt des Pfarrhauses und der Scheune festhalten. Verkauf von Gebäuden ist also keine Option als rasche Geldquelle.
Das Bistum fordert für Sonderzuschüsse sehr konkret Engagement ein. „Wir brauchen ein tragfähiges Konzept. Die Kulturkirche kann eines sein“, gibt sich Schulz überzeugt. Nutzungen jenseits von Gottesdiensten sind gefragt, die Geld einspielen. Klingelbeutel und Spendentopf wirken allenfalls wie Gesten guten Willens, gemessen an den horrenden Summen für Sanierung und Erhalt. „Schule, Mehrzweckhalle, Kindergarten – hier ist doch alles nach der Kirche benannt“, sagt eine Familie aus dem Neubaugebiet. „Abriss? Geht gar nicht.“ Das massive Finanzproblem des Wahrzeichens ist durch das Lichterfest in den Köpfen der Kempter angekommen.