Neben Konzerten und kulturellen Veranstaltungen will das Hildegardzentrum individuelle Bedürfnissen von Menschen bedienen, die Ruhe suchen und persönliche Ansprache schätzen.
Von Jochen Werner
Blick auf die katholische Pfarrkirche St. Hildegard und St. Rupertus in Bingerbrück.
(Foto: Jochen Werner)
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BINGERBRÜCK - Die Kirche aufgeben? Nein! Lieber etwas tun! Das Projekt „Hildegardzentrum“ wächst. Rund um die katholische Pfarrkirche St. Hildegard und St. Rupertus ensteht in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde, der Stadt Bingen, der Rupertsberger Hildegardgesellschaft und Peter Keber vom Bacharacher Bauverein Wernerkapelle Neues. Alles im Zusammenhang mit der „Sozialen Stadt Bingerbrück“.
Eine bewegte Zeit liegt hinter der Bingerbrücker Gemeinde, die um ihre Kirche fürchtete. Nun scheint deren Zukunft gesichert. Wenn am 1. Januar 2020 analog zur Synode des Bistums Trier die „Pfarrei der Zukunft“ umgesetzt wird, die Kirchengemeinde Bingerbrück zu Bad Kreuznach gehört, wird all das, was in den letzten Jahren besprochen und beschlossen wurde, für die Menschen vor Ort Realität.
Zukunft der Gemeinde scheint gesichert
Dass das Bistum vor drei Jahren überlegte, das Bingerbrücker Gotteshaus zu schließen, war nur ein Gedanke, der verworfen wurde. Nichtsdestotrotz bleibt die Frage bestehen, wie die Kirche neu gefüllt und belebt werden kann.
Vorbei sind die Zeiten, in denen das Gemäuer regelmäßig sonntags schier zu platzen drohte. Die durchschnittliche Zahl der Gottesdienstbesucher sank von 299 im Jahr 1992 auf zuletzt nur noch 42 im Dezember des vergangenen Jahres.
Die Bingerbrücker haben frühzeitig reagiert, haben Ideenreichtum und Eigeninitiative gezeigt, sich vernetzt und sich mit Keber, Hildegund Lautensack und Dr. Matthias Schmandt Fachleute ins Boot geholt, mit der Stadt Bingen sowie der Rupertsberger Hildegardgesellschaft Kooperationspartner gesucht, zu denen auch die Gemeinschaft der Gläubigen gehört.
Der Grund ist klar. Kaum ein kirchlicher Verein existiert noch. Fast alle Gebäude, die ehemals der Kirche gehört haben, sind veräußert. Weder Pfarr- noch Vereinshaus gehören heute noch zur Gemeinde, genauso wenig das Metzroth-Haus mit dem Kindergarten.
Drei Säulen sollen das künftige Hildegardzentrum in der Kirche tragen. Nummer eins sind Konzerte und kulturelle Veranstaltungen, die es bereits in den vergangenen Jahren gab. Punkt zwei ist das Ankommen von Pilgern und Menschen, die Ruhe und Stille suchen, zudem natürlich auch von Hildegardfreunden. Punkt drei bildet das Mediale Kirchensystem (MediaKi), quasi ein persönlicher Gottesdienst der Marke 4.0 mit Worten vom Band zu verschiedenen Themen, die der Besucher am Touchscreen für seine Bedürfnisse auswählen kann. Damit kann das System umgekehrt werden, „und dabei ist ein leerer Kirchenraum kein Manko, sondern ein Plus“, erklärte Pfarrer Augustinus Jünemann das geplante System, das von einem evangelischen Kollegen aus Schmalkalden erfunden wurde und im Bereich des Bistums Trier in Bingerbrück seine Premiere finden wird. Weiteres Plus: Die Bedürfnisse können individuell befriedigt werden, was in herkömmlichen Gottesdiensten nur noch selten der Fall ist.
MediaKi kann mehr. Zwar ertönen im ersten Schritt Kurz-Andachten, Psalmen und Lieder für alle über Lautsprecher, hat ein am Bildschirm ausgewählter Text eine Länge von maximal 15 Minuten, jedoch ist ein Aufbaumodul via Audioguide denkbar. Dann nämlich, wenn die Resonanz zeigt, dass die Nachfrage entsprechend groß ist. Dass Informationen über das Leben der Heiligen von Beginn an impliziert werden, ist selbstverständlich.
Ganz billig ist das System nicht. Die Neuausrichtung der Kirche kostet rund 84 500 Euro. Trier gibt 2200 Euro an Sachkostenanteil dazu, rund 50 Prozent erhoffen sich die Macher aus den Töpfen der Leader-Förderung. Hierüber fällt am Mittwoch die Entscheidung. Für den Rest greift laut Reimund Kerner die eigene Kirchengemeinde in die Tasche, setzt Rücklagen frei und ruft zu Spenden auf. Aber ganz klar. „Die Gelder sind da“, so Kerner.
Der Clou des Ganzen besteht in der Schaffung von Lichtsäulen, die Stimmungen ausdrücken und auch in Gottesdiensten und bei Konzerten genutzt werden können.