Stefan Hummel ist neuer Chef des Weltmarktführers für Edelstahlkochsysteme mit Sitz in Bingen. Er nutzt den Hype ums Kochen, um die Töpfe an den Mann oder die Frau zu bringen.
Von Christine Tscherner
Der Wechsel vom kühlen Norden ans Binger Rheinufer ist dem neuen AMC-Chef nicht schwer gefallen.
(Foto: Christine Tscherner)
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GAULSHEIM - „Dass ich mich für Kochgeschirr begeistern kann, das hätte ich vor 20 Jahren ehrlich nicht gedacht.“ Stefan Hummel übernahm im April die Leitung des Weltmarktführers für Edelstahlkochsysteme. Der 50-Jährige löste AMC-Chef Lothar Klein ab. Beide sind Norddeutsche. Die AZ traf den neuen Geschäftsführer in der Gaulsheimer Firmenzentrale.
Influencer, Rezept-Community und Kochen als Hype – Stefan Hummel hat die Zukunft des Unternehmens im Blick. Gesellschaftlicher Umbruch macht nicht vor der Firmentür halt. „Seit rund zehn Jahren ist Kochen ein riesiger Trend.“ Er zählt Kochsendungen in allen Fernsehkanälen auf. Der Kult ums gesunde Essen sei fast schon Religionsersatz.
Wer für Küchenutensilien ganz vorn am Startblock steht, hat gute Karten. Fein für die AMC oder International Alfa Metalcraft Corporation AG.
„Aber die Spitzenposition halten und nicht bequem werden, das erfordert Kraft und manchmal auch Mut.“
Nach dem BWL-Studium startete Hummel im Wein-Business. WIV in Burg Layen war lange Jahre sein Revier, als Trainer und Couch sammelte er viel Erfahrung. Handelsvertreter als sehr spezieller Vertriebsweg ist für Hummel also kein Neuland. Er wechselte vor 15 Jahren die Branche, weg vom Wein, hin zum Kochen.
Zunächst arbeitete der Hamburger als Trainer in der AMC-Akademie mit Schulungen für Innen- und Außendienstler. Vor vier Jahren übernahm er den Vertrieb und baute die Verkaufsstruktur in Norddeutschland erfolgreich auf. Im April wurde Hummel Nachfolger für den Ruheständler Klein.
„Einen Wohnsitz in Hamburg habe ich zwar noch, aber zunehmend häufiger kommt meine Frau an den Rhein.“ Das Paar genießt die hohe Lebensqualität inmitten der Weinbauregion. „Ja, ich bin ein Stadtkind. Aber wie häufig nutzt man tatsächlich die riesigen Möglichkeiten einer Metropole?“
Wie im Urlaub fühle er sich hingegen am Binger Rheinufer oder als Gast von Weingütern seines Wohnortes Münster-Sarmsheim. „Ich bin hier inzwischen richtig heimisch.“ Sympathie-Punkte vergibt er für den Binger Firmenlauf. Ob in Zeiten boomender Internet-Geschäfte der Direktvertrieb aber noch Zukunft hat? „Definitiv ja.“ Die Aussage des Chefs ist klar.
AMC-Töpfe im Netz ordern, das sei kein Modell. „Wir bleiben bei der Kochparty.“ Der Nutzen der Systeme erkläre sich durch die Anwendung. Der Clou ist nämlich der Kundenkontakt: Wie Tupper-Dosen oder Vorwerk-Staubsauger setzt das Unternehmen seit Jahrzehnten erfolgreich auf Direktvertrieb. Das Drei-Gang-Menü in einer netten Runde daheim bleibt der Klassiker.
Insbesondere im Hochpreissegment und in Zeiten zunehmender Digitalisierung wünsche der Kunde seriöse, persönliche Beratung. Kochen ohne Wasser, Braten ohne Fett und Zeitersparnis will demonstriert sein. „Verkaufstalente können sich eine Existenz aufbauen, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft“, sagt Hummel. Nicht ohne Grund hat die Branche viele Quereinsteiger. Eine Rezept-Community tauscht AMC-Tipps aus, Berater und Kunden posten Schulungsvideos im Internet, und Youtube-Sequenzen sind in Arbeit, die Influencer-Szene ist im Blick. Der Marktführer positioniert sich zwischen Küchenhype und Langlebigkeit anscheinend souverän. „Unsere Produkte sind der Gegenpol zur Wegwerf-Gesellschaft.“
Zu Hummels Familie in Hamburg zählen seine Frau, die als selbstständige Trainerin und Coach eine eigene Firma aufgebaut hat, seine 19-jährige Tochter, zwei Hunde, zwei Katzen und ein Pferd. Beim Sport kann er gut abschalten. Und einmal im Jahr darf es der Adrenalin-Kick sein. „Ich mag Canyoning.“ Für den Sport in Alpinregionen ist der Weg von Bingen wirklich näher als von Hamburg.
AMC, 1963 in Bingen gegründet, zählt zu den größten Gewerbesteuerzahlern am Rhein-Nahe-Eck. 200 Angestellte hat der Gaulsheimer Topfvermarkter derzeit in seiner Deutschlandzentrale. Rund 2000 Vertriebspartner kommen deutschlandweit hinzu; auf 10 000 beziffert AMC die Partnerzahl weltweit in 30 Ländern. Die meisten der 15 Millionen Kunden hat AMC in Mitteleuropa. Über 140 verschiedene Produkte umfasst das Sortiment.