In Bingen werden Ski sorgfältig auf Kante geschliffen
An der Servicestation bei Intersport steigt bei Fachgeplauder und Austausch von Tipps die Vorfreude auf den Winterurlaub.
Von Christine Tscherner
Heino Müller sorgt für den richtigen Kantenschliff vor dem Start in den Wintersport.
(Foto: Tscherner)
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BINGEN - Raus aus dem Schmuddelgrau, Vorfreude auf Schnee: Skifans scharren mit den Hufen. Weihnachten ist der Startschuss. Wer Schulkinder hat, kommt als Wintersportfan nicht um die Ferien herum.
Roman Brendler spürt das Fernweh der Kundschaft und die Pistenlust. Ein Gespräch an der Servicestation von Intersport im Citycenter.
„Und, wohin geht’s?“ Aus den Antworten ihrer Kunden könnten Geschäftsführer Roman Brendler und Mitarbeiter Heino Müller längst eine Bestenliste mit Alpinregionen erstellen – inklusive Vorfreude-Barometer, Lift-Kapazität und Buckelpisten-Tipps.
Freitags und vor allem samstags in der Vorweihnachtszeit herrscht bei Heino Müller Hochsaison. Kantenschliff ist für den Skifachmann angesagt. Scharfe Kanten halten den Ski auf Spur, machen Carven wie auf Schienen erst zum Genuss. Ein knallbunter Mix aus breiten Brettern steht an Müllers Maschine Schlange. Anstehen zum Einstellen.
„Falls etwas passiert auf der Piste, dann ist ein aktueller Einstellbeleg für die Versicherung wichtig“, sagt Brendler. Einmal pro Saison sollte darum der Fachmann die Bindung kontrollieren. „Zwischen 600 und 800 Kunden kommen in der Saison zum Skiservice“, sagt Müller. Für eine meist schneefreie Region ohne Lift und hohe Berge klingt das immens viel.
Müller steht am Einstellgerät, fragt nach Gewicht und Fahrtypus, misst und berät im Minutentakt. Bindung und Fahrstil müssen aufeinander abgestimmt sein. Ein paar Umdrehungen mit dem Schraubenzieher entscheiden, wann der Schuh auslöst.
Seit 13 Jahren bietet Intersport Brendler&Klingler den Skiservice an: wachsen, schleifen, Belag auffrischen.
Was immer stärker gefragt ist: individuelle Skischuh- und Sohlenanpassung. Denn nichts vergällt einem den Tag am Berg mehr als Blasen und Druckstellen oder eiskalte Zehen. Kunden weit über die Stadtgrenzen hinaus locke der Schuhcoach-Scanner ins Fachgeschäft, versichern die Experten.
Alpinski ist die Winterpassion des Intersport-Teams, das spiegelt sich deutlich im Laden. Helme und Protektoren für Sicherheit nehmen zusammen mit Funktionswäsche und Pistenschick breiten Raum ein. Wer Langlaufausrüstung, Tourenski oder Material fürs Ice-Climbing sucht, der muss zu anderen Spezialisten.
„Der Skiverleih ist zunehmend wichtig für uns“, sagt Brendler. Denn ein paar Hundert Euro für den Kauf auszugeben, das scheuen viele Kunden im Flachland.
Mit mindestens 100 Euro für Skileihe pro Woche müssen Brettlfans im Skigebiet rechnen – für Basismodelle. Exklusiv-Ausstattung kann gut und gern das Doppelte verschlingen.
Es spart Zeit, alles schon im Kofferraum zu haben
Warum ein Verleih mitten im Rebland zum Zugpferd wurde? „Es spart Zeit im Skiurlaub, wenn du alles im Kofferraum hast“, so Brendler. Und wer einmal in kompletter Montur auf einen genervten Tiroler Mitarbeiter warten musste, der kennt das Dilemma genau.
„Außerdem sind unsere Ski nicht so abgenutzt wie in alpinen Regionen“, sagt der Geschäftsführer. Das Material durchläuft schlichtweg nicht ganz so häufig den Verleih. Brendler nimmt ein Paar Carver zurück, eine Ein-Tagesleihe für die Skihalle im Ruhrgebiet. Nur Skipass-Tage als Nutztage werden berechnet. Das macht konkurrenzfähig.
Der Kunde kommt – Vorteil für das Fachgeschäft
Nachteil des Leihtrends: Spontaneität entfällt. Mal eben die Ski abends in den Kofferraum werfen, weil Sonne und Pulverschnee vorhergesagt sind? Geht nicht. Vorteil für das Binger Sportfachgeschäft: Beratung, Dienstleistung und Kantenschliff brauchen Präsenz. Der Kunde kommt in den Laden. Das zählt in Internet-Zeiten.
Den ganzen Tag draußen an der frischen Luft Sport treiben – für ihre Leidenschaft müssen Binger Skifans weite Wege in Kauf nehmen, wenn sie mehr als Babybuckel hinunterrutschen wollen. Alpen sind mindestens vier Autostunden entfernt. Der Binger Skiclub bietet auch gemeinsame Busfahrten an.
Jeden November geht’s zum Ski-Opening nach Obergurgl
Und was seit Jahren zum Saisonbeginn ein Renner ist: Intersport Brendler&Klingler organisieren immer Ende November eine Bustour mit Skitest zum Ski-Opening in Obergurgl. „Diesmal hatten wir wieder 47 Kunden an Bord“, sagt Brendler. Der Frühstart zieht und bringt Kundenbindung.
Das Binger Szenetreffen im hinteren Ötztal ist unter Pistenfreunden am Rhein-Nahe-Eck bekannt und gesetzt. Dann sind Gondeln und Gästebetten definitiv leerer als zwischen Weihnachten und Neujahr, der Super-Hauptsaison in jedem Skigebiet.